Joachim Vetter, Dr. iur. Martin Nebeling
1. Beginn und Dauer des Amts
Rz. 351
Die Amtszeit des einzelnen Betriebsratsmitglieds hängt an der Amtszeit des Gremiums. Diese beträgt i.d.R. vier Jahre.
2. Erlöschen der Mitgliedschaft
Rz. 352
Weitere Fälle des Endes der "Amtszeit" sind die Niederlegung des Betriebsratsamtes (§ 24 Nr. 2 BetrVG), eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die ggü. dem Betriebsratsvorsitzenden oder in der Betriebsratssitzung formfrei erklärt werden kann. Sie ist unwiderruflich und unanfechtbar. Gibt es keine weiteren Betriebsratsmitglieder mehr, erfolgt die Niederlegung gegenüber dem Arbeitgeber. Ob eine Äußerung als Niederlegung des Amtes zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Beruft sich der Betriebsrat auf den Rücktritt, trägt er die Darlegungs- und Beweislast hierfür. Im Streitfall kann ein Betriebsratsmitglied durch einstweilige Verfügung im Beschlussverfahren verlangen, dass der Betriebsrat seine mitgliedschaftlichen Rechte, insbesondere durch Teilnahme an Betriebsratssitzungen einschließlich der Ladungen hierzu, zu wahren habe (LAG Hessen v. 25.2.2019 – 16 TaBVGa 26/19, juris).
Rz. 353
Zur Beendigung der Amtszeit gehört auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Amt ruht jedoch in Zeiten, in denen noch ein Rechtsstreit über die Beendigung geführt wird; das Betriebsratsmitglied gilt nach Zugang der außerordentlichen Kündigung als verhindert, für die Dauer des Rechtsstreits rückt ein Ersatzmitglied nach. Etwas anderes gilt dann – das Amt besteht fort –, wenn das Betriebsratsmitglied trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Vertragsarbeitgeber am Übergangs- oder Restmandat des Betriebsrates teilnimmt (Einzelheiten s. Rdn 372 ff.).
Rz. 354
Einen Fall des Ausscheidens stellt schließlich der nachträgliche Verlust der Wählbarkeit oder der Ausschluss aus dem Betriebsrat wegen Verletzung gesetzlicher Pflichten nach § 23 Abs. 1 BetrVG dar.
3. Verletzung gesetzlicher Pflichten
Rz. 355
§ 23 Abs. 1 BetrVG ermöglicht die Amtsenthebung eines Betriebsratsmitgliedes bei grober Verletzung dessen gesetzlicher Pflichten. Ein entsprechender Antrag kann durch mindestens ein Viertel der regelmäßig beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer, den Arbeitgeber, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder den Betriebsrat beim ArbG gestellt werden. Beim Antrag des Betriebsrates auf Ausschluss ist das Betriebsratsmitglied, um dessen Amtsenthebung es geht, weder mitberatungs- noch abstimmungsberechtigt. I.d.R. wird der Betriebsrat aber verpflichtet sein, das Betriebsratsmitglied vor dem Antrag zu hören. Ein gerichtlicher Ausschluss wird erst mit rechtskräftiger Entscheidung der ArbGe wirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Betriebsratsmitglied in seinen Handlungen nicht eingeschränkt. Das Antragsrecht des Arbeitgebers besteht nur dann, wenn seine Rechtsstellung betroffen ist, nicht aber bei internen Auseinandersetzungen im Betriebsrat.
Rz. 356
Der Antrag wird unzulässig, wenn er sich auf den Ausschluss aus dem gewählten Betriebsrat bezieht, sobald dessen Amtszeit beendet ist (BAG v. 18.5.2016 – 7 ABR 81/13, juris). Wird er auf den Ausschluss aus dem neu gewählten Betriebsrat umgestellt oder erweitert, soll er nach verbreiteter Auffassung zwingend und ohne Ausnahme unbegründet sein (so jetzt ausdrücklich BAG v. 27.7.2016 – 7 ABR 14/15, juris). Begründet wird dies mit systematischen Erwägungen und mit dem Wortlaut des § 24 Nr. 5 BetrVG sowie mit der Problematik, dass es ansonsten von Zufälligkeiten abhinge, ob das Ausschlussverfahren noch innerhalb der Amtszeit desselben Betriebsratsgremiums abgeschlossen sei. Das Gesetz nehme es hin, dass vergangene Pflichtverletzungen ohne Auswirkung auf die Mitgliedschaft im künftigen Betriebsrat bleiben könnten. Das Ausschlussverfahren sei zudem nicht die einzige Möglichkeit, auf Pflichtverletzungen zu reagieren. Der Arbeitgeber könne die Zulässigkeit bestimmten Handelns durch einen Feststellungsantrag klären oder entsprechend § 1004 BGB einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Zudem könnten Pflichtverletzungen aus vergangenen Amtsperioden bei Wiederholungsverhalten mitberücksichtigt werden.
Rz. 357
Diese Auffassung erscheint zumindest bei einer Wiederwahl des Betriebsratsmitgliedes, dessen Amtsenthebungsverfahren im Zeitpunkt der Wahl noch läuft, dann als problematisch, wenn der Verstoß – z.B. bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf Firmenvorhaben oder persönliche Daten der Mitarbeiter – Fortwirkung entfaltet (anders LAG München v. 28.4.2014 – 2 TaBV 44/13, juris: Antrag ist nach Ablauf der Amtszeit unzulässig, selbst wenn das Betriebsratsmitglied wieder neu gewählt worden ist, in einem Fall, in dem dem Betriebsratsmitglied unwahre rufschädigende Äußerungen auch gegenüber einer Zeitung vorgeworfen wurden; wie hier LAG Düsseldorf v. 23.1.2015 – 6 TaBV 48/14, juris, Vorinstanz zu BAG 27.7.2016, a.a.O., für den Fall, dass die Pflichtverletzung konkrete Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem neugewählten Betriebsrat und dem Arbeitgeber hat, was etwa der Fall sei, wenn das Betriebsratsmitglied nicht nur ein vom Arbeitgeber als...