a) Nur wenn noch Beweissicherungs- oder Feststellungsinteresse besteht
Rz. 126
§ 142 StGB schützt alleine das zivilrechtliche Feststellungsinteresse des Geschädigten. Der Schädiger darf sich deshalb grundsätzlich entfernen, sobald der Geschädigte über alle zur Schadensregulierung erforderlichen Angaben verfügt.
Nichts anderes gilt, wenn anstelle des Geschädigten feststellungsbereite Dritte die Angaben des Unfallbeteiligten entgegengenommen haben (OLG Köln VRS 64, 193; OLG Koblenz NZV 1996, 325). Das gilt auch in Fällen, in denen der Geschädigte zwar auf eine Unfallaufnahme durch die Polizei besteht, er aber keinen eigenen Versuch unternimmt, von dem wartewilligen Unfallbeteiligten dessen Personalien zu erfragen (LG Saarbrücken NZV 2018, 436) oder wenn der Unfallbeteiligte nur der Polizei gegenüber seine Personalien angeben will, der Geschädigte sich aber weigert, die Polizei zu rufen (OLG Hamburg StraFo 2017, 339; DAR 2018, 388).
b) Aufforderung, Eintreffen der Polizei abzuwarten
Rz. 127
Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Geschädigte oder feststellungsbereite Dritte den Unfallfahrer aufgefordert hatte, das Eintreffen der Polizei abzuwarten.
Grundsätzlich besteht eine Pflicht abzuwarten nur, soweit noch nicht alle für die Schadensregulierung relevanten Feststellungen getroffen sind (OLG Zweibrücken zfs 1989, 322; NZV 1990, 78; LG Saarbrücken Beschl. v. 12.11.2018 – 8 Qs 116/18).
Rz. 128
Spielt die Frage der Fahrerlaubnis oder der Alkoholisierung des Fahrers, auf deren Feststellung der Geschädigte ohnehin wirksam verzichten kann (OLG Saarbrücken zfs 2001, 518) für die Beurteilung der zivilrechtlichen Haftung keine Rolle – scheidet also der Einwand einer Mithaftung sowohl aus Verschulden als auch aus der Betriebsgefahr aus – braucht der Unfallfahrer trotz der Aufforderung des Geschädigten das Eintreffen der Polizei nicht abzuwarten (BGH VRS 5, 359; BayObLG zfs 1983, 220; NZV 1992, 245; OLG Zweibrücken NZV 1992, 371; OLG Koblenz NZV 1996, 324; LG Kaiserslautern zfs 2004, 590; LG Saarbrücken Beschl. v. 12.11.2018 – 8 Qs 116/18).
Die gegenteilige Auffassung des BayObLG (NZV 1992, 245) und des OLG Köln (NZV 1999, 173) ist nur für die Fälle haltbar, in denen nicht die 100 %ige Haftung des Unfallfahrers feststeht, also das Beweissicherungsinteresse des Geschädigten noch fortbesteht. Zu Recht verneint deshalb das OLG Saarbrücken (zfs 2001, 518) zumindest dann die Verpflichtung eines Unfallbeteiligten, zur Feststellung seiner Alkoholisierung am Unfallort zu bleiben, wenn der Geschädigte über alle zur Regulierung erforderlichen Angaben verfügt und auf weitere Feststellungen nicht ausdrücklich Wert gelegt hat.
Rz. 129
Das Eintreffen der Polizei braucht der Schädiger nämlich immer dann nicht abzuwarten, wenn nicht einmal der Einwand einer Mithaftung des Geschädigten in Betracht kommt, wie es unter Umständen nach Abgabe eines schriftlichen Schuldanerkenntnisses der Fall sein kann. Ein mündliches Schuldanerkenntnis reicht keinesfalls aus (OLG Koblenz VRS 70, 187).