1. Kein Verschulden erforderlich
Rz. 84
Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen, es genügt bereits eine nicht fernliegende Möglichkeit (BGH NZV 2000, 133) – ohne Rücksicht auf die Schuldfrage (BGH VRS 54, 54) – zur Verursachung des Unfalles beigetragen haben kann (OLG Düsseldorf NZV 1993, 157; OLG Frankfurt NZV 1997, 125); ein tatsächliches (Mit-)Verursachen oder gar ein Mitverschulden ist dagegen nicht erforderlich (OLG Hamburg NZV 2018, 33).
Unbeteiligter kann somit auch ein Fußgänger (BayObLG zfs 1986, 380), ein Reiter (OLG Celle zfs 1996, 312) oder ein sonstiger Verkehrsteilnehmer sein.
Rz. 85
Achtung: Nur wenn im Unfallzeitpunkt anwesend
Unfallbeteiligter kann nur sein, wer im Unfallzeitpunkt am Unfallort anwesend war (LG Mannheim zfs 1998, 352; OLG Jena DAR 2004, 599). Denjenigen, der im Unfallzeitpunkt nicht anwesend war, trifft auch dann, wenn er später noch am Unfallort erscheint, weder eine Feststellungsduldungs- noch eine Wartepflicht. Das gilt auch für den Fahrzeughalter (OLG Düsseldorf NZV 1993, 157).
Rz. 86
Unfallbeteiligter ist ein Verkehrsteilnehmer bereits dadurch, dass nach dem äußeren Anschein der nicht ganz unbegründete Verdacht einer irgendwie gearteten – nicht notwendig schuldhaften – Mitverursachung des Unfalles gegen ihn als zur Unfallzeit am Unfallort Anwesenden erhoben werden kann, mag sich auch bei näherer Prüfung herausstellen, dass sein Verhalten in Wirklichkeit nicht zu dem Unfall beigetragen hat (OLG Köln NZV 1989, 78). Das gilt namentlich für den anwesenden Halter, wenn nicht feststeht, wer von mehreren Insassen das Fahrzeug geführt hat (BayObLG DAR 2000, 79).
Rz. 87
Sogar die nahe liegende Möglichkeit eines Verdachts reicht schon aus. Es ist nicht erforderlich, dass ein solcher bereits konkret geäußert wurde (BGH VRS 59, 185).
Rz. 88
Eine Unfallbeteiligung ist jedoch dann nicht gegeben, wenn das Verhalten eines zur Unfallzeit am Unfallort Anwesenden zweifelsfrei nicht zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat, sich dieser also mit Sicherheit auch ohne ihn ereignet hätte (BayObLG DAR 2000, 79). Das gilt auch dann, wenn der Betreffende durch einen vorausgegangenen Unfall zwar eine Ursache gesetzt hatte, sein Handeln für den zweiten Unfall jedoch nicht mehr kausal im eigentlichen Sinne war (OLG Stuttgart NStZ 2003, 278), so z.B., wenn das Fahrzeug des Unfallverursachers nur unwesentlich in die Fahrbahn hineinragt und im Gegenverkehr befindliche "Gaffer" verunfallen (LG Gießen DAR 1997, 364).
Rz. 89
Achtung: Mittelbare Mitverursachung
Besonders problematisch sind Fälle, bei denen es nicht zur Kollision mit dem Fahrzeug des später Beschuldigten, kam. In solchen Fällen einer mittelbaren Mitverursachung ist Unfallbeteiligter nur derjenige, der sich falsch verhalten oder über das normale Unfallgeschehen hinaus auf das Verkehrsgeschehen eingewirkt hat und hierfür zureichende objektive Anhaltspunkte vorliegen. Maßgebend hierfür ist die Beurteilung im Unfallzeitpunkt, d.h. es ist eine ex ante Betrachtung anzustellen (OLG Stuttgart DAR 2003, 475).
2. Trotz Verdächtigung keine Unfallbeteiligung
Rz. 90
Grundsätzlich genügt die Behauptung, der Betroffene sei unfallbeteiligt. Wie er selbst seinen Beitrag wertet, ist ohne Belang. Trotzdem liegt eine Unfallbeteiligung nicht vor, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das Verhalten nicht zum Unfall beigetragen haben kann (BGH VRS 24, 36; OLG Zweibrücken VRS 64, 193). In solchen Fällen reicht nicht aus, dass irgendeine Person ("Besserwisser") den ungeprüften Verdacht hegt, jemand könne etwas mit dem Unfall zu tun haben (OLG Frankfurt NJW 1983, 2083; BayObLG NJW 1990, 375; OLG Stuttgart DAR 2003, 475).
Rz. 91
Bloße Zeugen eines Unfalles sind nicht Unfallbeteiligte, auch wenn sie einige Zeit zuvor von dem Verunfallten überholt worden waren (OLG Koblenz VRS 74, 435; NZV 1989, 1843), oder Kraftfahrer, deren verkehrsbedingtes Anhalten zu einem Auffahrunfall nachfolgender Fahrzeuge führt (OLG Düsseldorf VM 93, 22). Dies aber immer nur unter der Voraussetzung, dass nicht der Verdacht eines regelwidrigen Verhaltens besteht oder geäußert wird (OLG Karlsruhe VRS 74, 435).
3. Mitfahrer
Rz. 92
Ein Mitfahrer kann im Verdacht stehen, das Fahrzeug selbst gelenkt zu haben (OLG Köln NZV 1992, 80) oder auf die Fahrzeugführung eingewirkt zu haben (OLG Stuttgart NJW 1981, 2369).
Zur möglichen Beihilfehandlung siehe nachfolgend Rdn 105 ff.
4. Halter
Rz. 93
Die bloße Haltereigenschaft genügt – bei sonst unverdächtigem Verhalten – nicht (OLG Frankfurt NZV 1997, 125; OLG Düsseldorf NZV 1993, 157).
Rz. 94
Nicht gefolgt werden kann deshalb dem BGH (BGHSt 15, 1), wenn er annimmt, dass alleine schon die bloße Möglichkeit, dass der mitfahrende Halter und Ehegatte die Fahrweise beeinflusst haben könnte, dessen Beteiligteneigenschaft begründen könne. Mit dieser Erwägung würde jeder Fahrzeuginsasse zum Unfallbeteiligten. Mit gutem Grund lehnt deshalb die überwiegende Rechtsprechung diese Auffassung ab (OLG Zweibrücken VRS 82, 114; OLG Köln VRS 86, 279).
Rz. 95
Richtig ist allerdings, dass es auf die jeweilige konkrete Verdachtslage ankommt. Besteht z.B. der nicht...