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Die kartellrechtliche (vor Vollzug vorzunehmende) Anmeldung des Zusammenschlusses (§ 39 Abs. 1 GWB) ist erforderlich bei einem Gesamtweltumsatz des Käufer-Konzerns und des Konzerns der erworbenen Gesellschaft von über 500 Mio. EUR p.a., wenn im letzten Geschäftsjahr mindestens ein beteiligtes Unternehmen Inlandsumsätze von über 50 Mio. EUR p.a. erzielt hat und entweder (1) mindestens ein anderes beteiligtes Unternehmen Inlandsumsätze von über 17,5 Mio. EUR p.a. erzielt hat oder (2) der Wert der Gegenleistung mindestens 400 Mio. EUR beträgt und das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist (§ 35 Abs. 1 und 1a GWB). Verkäufer und Käufer sind beide zur Anmeldung verpflichtet (§ 39 Abs. 2 GWB). Wegen der Eilbedürftigkeit und wegen des übereinstimmenden Interesses von Verkäufer und Käufer an einer raschen Freigabe sollte die Anmeldung von den Anwälten beider Parteien gemeinsam vorgenommen oder zumindest zwischen diesen abgestimmt werden. In den meisten Fällen ist das Anmeldeverfahren unproblematisch und unbürokratisch. Es endet mit der Mitteilung, dass das Bundeskartellamt nicht in das Hauptprüfungsverfahren eintritt, oder mit Ablauf der Monatsfrist ohne Mitteilung über den Eintritt in das Hauptprüfungsverfahren und ermöglicht so den Vollzug des Zusammenschlusses (§ 40 Abs. 1 GWB). Tritt das Bundeskartellamt ausnahmsweise in das Hauptprüfungsverfahren ein, so endet dieses mit Freigabeverfügung, fingierter Freigabe wegen Ablaufs der Fünfmonatsfrist oder Untersagungsverfügung (§ 40 Abs. 2 GWB). Letztere ist nur zulässig, wenn von dem Zusammenschluss zu erwarten ist, dass er den wirksamen Wettbewerb erheblich behindert, insbesondere eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt (§ 36 GWB). Trotz Anmeldepflicht nicht angemeldete Zusammenschlüsse sind unverzüglich beim Bundeskartellamt anzuzeigen (§ 39 Abs. 6 GWB).
Hat ein Zusammenschluss "gemeinschaftsweite Bedeutung", so ist grundsätzlich die Kommission der EU ausschließlich zuständig (§ 35 Abs. 3 GWB). Aufgrund der Verordnung Nr. 139/2004 (Fusionskontroll-VO) und der hierzu ergangenen Leitlinien kommt eine Kommissionsprüfung jedoch nur bei Zusammenschlüssen mit einem weltweiten Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von mehr als 2,5 Mrd. EUR in Frage. Ist die Kommission zuständig, kann durch die vereinfachte EU-Fusionskontrolle in bestimmten Fällen mit einer Genehmigung innerhalb eines Monats gerechnet werden. Da wegen der relativ hohen Grenzwerte die EU-Kommission nur in den seltensten Fällen zuständig ist, wird das europäische Kontrollverfahren hier nicht vertieft.
Verkäufer und Käufer wünschen häufig schon vor Vertragsschluss eine Indikation hinsichtlich der kartellrechtlichen Zulässigkeit des Unternehmenskaufs, bevor sie in zeitaufwendige Verhandlungen eintreten. In der Praxis wird deshalb verschiedentlich eine informelle Vorabprüfung vorgenommen, bei der das Bundeskartellamt – ohne rechtliche Bindung – zu erkennen gibt, ob es den Unternehmenskauf als problematisch ansieht oder nicht. Die Beibehaltung des Status quo bis zur kartellrechtlichen Freigabe ist in der Praxis oft kaum möglich oder sinnvoll. Gleichwohl sollte zumindest eine Verhaltensregel für den Verkäufer aufgestellt werden, dass bis zur kartellrechtlichen Freigabe keine tief greifenden Veränderungen ohne Zustimmung des Käufers vorgenommen werden sollen (sog. Conduct-of-Business-Klausel). Bei der Ausgestaltung einer Conduct-of-Business-Klausel ist darauf zu achten, dass mit der Klausel nicht schon ein Zusammenschlusstatbestand i.S.v. § 37 Abs. 1 GWB oder Art. 3 Abs. 2 FKVO ausgelöst wird. Anderenfalls würde die Durchführung der Klausel bereits gegen das Vollzugsverbot verstoßen mit der Folge der Unwirksamkeit der auf der Grundlage der Klausel getätigten Rechtsgeschäfte.