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§ 613a Abs. 1 BGB. Tarifvertragliche Regelungen gelten bei den übergehenden Arbeitsverhältnissen individualvertraglich fort und dürfen frühestens ein Jahr nach Betriebsübergang zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden, wenn sie nicht vorher auslaufen oder beim Käufer eine kollidierende beiderseitige Tarifbindung besteht oder Käufer und Arbeitnehmer einzelvertraglich einen anderen einschlägigen Tarifvertrag in Bezug nehmen; Entsprechendes gilt für Betriebsvereinbarungen (Einzelheiten in § 613a Abs. 1 S. 2–4 BGB).
Mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene Arbeitnehmer und Pensionäre werden nicht von § 613a BGB erfasst, weil keine aktiven "Arbeitsverhältnisse" im Sinne der Vorschrift vorliegen. Unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen können nur unter den engen Voraussetzungen des § 4 BetrAVG übertragen werden. Stellt der Verkäufer z.B. seine Betriebstätigkeit ein und wird das Unternehmen liquidiert, kann eine Versorgungszusage von einer Pensionskasse oder einem Unternehmen der Lebensversicherung ohne Zustimmung des Versorgungsberechtigten übernommen werden, wenn sichergestellt ist, dass die Überschussanteile ab Rentenbeginn zur Erhöhung der laufenden Versorgungsleistungen verwendet werden (§ 4 Abs. 4 BetrAVG). Unabhängig von einer vertraglichen Übernahme kann eine gesetzliche Haftung des Käufers für diese Verbindlichkeiten aus § 25 HGB entstehen.
Auf Arbeitnehmer in Altersteilzeit findet § 613a BGB hingegen auch während der Freistellungsphase Anwendung, da ihre Arbeitsverhältnisse in dieser Zeit fortbestehen.
Betriebsangehörige können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen. Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Übergang des Arbeitsverhältnisses durch Verkäufer oder Käufer zulässig (§ 613a Abs. 6 BGB). Ob der Verkäufer im Fall eines Widerspruchs berechtigt ist, das Arbeitsverhältnis des widersprechenden Arbeitnehmers aus betrieblichen Gründen zu kündigen, ist eine Frage des Einzelfalls. Wird nur ein Betriebsteil veräußert und führt der Verkäufer einen Restbetrieb weiter, kann sich ein widersprechender Arbeitnehmer im Fall einer betriebsbedingten Kündigung uneingeschränkt auf die Grundsätze der Sozialauswahl berufen.
Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen wegen eines Betriebsübergangs ist zwar unwirksam (§ 613a Abs. 4 S. 1 BGB). Zulässig bleiben aber Kündigungen "aus anderen Gründen" (§ 613a Abs. 4 S. 2 BGB), z.B. zur Stilllegung oder Rationalisierung eines Not leidenden Betriebs, selbst wenn es im Zusammenhang damit zu einer Betriebsveräußerung kommt.
Der Wirtschaftsausschuss, der in Unternehmen mit in der Regel über 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zu bilden ist (§ 106 Abs. 1 BetrVG), ist rechtzeitig und umfassend über den Unternehmensverkauf zu unterrichten. Eine Betriebsänderung mit der Folge von Interessenausgleich und Sozialplan (§§ 111 f. BetrVG) ist in einem Unternehmenskauf nur bei Vorliegen qualifizierter Umstände (z.B. Entlassungen, erhebliche organisatorische Änderungen, Spaltung eines Betriebs) zu sehen. Wird ein Betrieb gespalten, bleibt gemäß § 21a BetrVG dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter (Übergangsmandat), soweit diese mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer haben, von denen drei wählbar sind (§ 1 Abs. 1 S. 1 BetrVG) und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem bereits ein Betriebsrat besteht.