A. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
Ein mittelständischer Unternehmer möchte sich nach einem erfolgreichen Arbeitsleben zur Ruhe setzen. Da er keinen geeigneten Nachfolger aus der Familie hat und die angestellten Geschäftsführer nicht in der Lage sind, das Unternehmen zu übernehmen, will er es an einen strategischen Inverstor aus der gleichen Branche oder an einen Finanzinvestor veräußern.
B. Rechtliche Grundlagen
Rz. 2
Unter Unternehmenskauf versteht man den vollständigen oder teilweisen Erwerb eines Unternehmens in Form eines Beteiligungskaufs ("Share Deal") oder eines Aktiven-/Passiven-Kaufs ("Asset Deal").
Dabei kann man eine Reihe unterschiedlicher Rechtsgebiete, die bei einem Unternehmenskauf berührt werden, und eine Reihe aufeinander folgender Phasen des Unternehmenskaufes unterscheiden.
Die wesentlichen Rechtsgebiete, die im Rahmen eines Unternehmenskaufes berührt werden, sind die Gebiete
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Kaufrecht (u.a. Mängelgewährleistung, Verjährung) |
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Gesellschaftsrecht (u.a. Strukturierung der Transaktion, Abtretung von Geschäftsanteilen, Gesellschafterbeschlüsse) |
▪ |
Steuerrecht |
▪ |
Recht des geistigen Eigentums (u.a. Patentrecht, Markenrecht, Urheberrecht) |
▪ |
Arbeitsrecht (u.a. Betriebsübergang, Altersversorgung) |
▪ |
Umweltrecht (u.a. Genehmigungs- und Auflagenprüfung in Bezug auf den Anlagenbetrieb, Abfallentsorgung, Altlasten) |
▪ |
Kartellrecht (Fusionskontrolle) |
Zeitlich lassen sich bei der Planung und Durchführung eines Unternehmenskaufs folgende Phasen unterscheiden:
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Kontaktherstellung zwischen Veräußerer und Erwerber (u.U. mit Hilfe von Maklern, entweder durch Direktansprache von Interessenten oder im Wege eines Bieterverfahrens) |
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Geheimhaltungsvereinbarung und evtl. Exklusivverhandlungsvereinbarung |
▪ |
Herausgabe wesentlicher Informationen an den Käufer |
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Vorvereinbarung über die Eckpunkte des Verkaufs ("Letter of Intent", "Heads of Agreement", "Memorandum of Understanding") |
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Untersuchung des Unternehmens durch den Käufer ("Due Diligence Review") und ggf. kartellrechtliche Vorprüfung |
▪ |
Strukturierung des, Verhandlung über den und Abschluss des Unternehmenskaufvertrages |
▪ |
Umsetzungsmaßnahmen (z.B. Übergabe von Dokumenten, Kaufpreiszahlung, "Closing", externe und interne Publikationen, Geschäftsführerersetzung, kartellrechtliche Anmeldung/Anzeige) |
Vorgenannte Phasen werden in der Praxis häufig vermischt oder teilweise übersprungen. Mitunter lässt sich eine die Gebote der Vorsicht vernachlässigende Euphorie bei den Beteiligten erkennen, die der hinzugezogene Berater nur schwer bremsen kann. Insbesondere werden Informationen durch den Verkäufer oft vorschnell an Kaufinteressenten, die gleichzeitig Konkurrenten sind, herausgegeben und die Branche vom bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen informiert. Der Veräußerer setzt sich dadurch unter Erfolgszwang und kann bei dem nachfolgenden Verhandlungspoker seine Positionen nicht mehr durchsetzen; als geringste Vorsichtsmaßnahme sollte seitens des Veräußerers und seines Anwalts deshalb auf den Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung gedrängt werden (wesentliche Regelungspunkte siehe Rdn 4).
C. Checkliste: Vertragsentwurf Unternehmenskauf
Rz. 3
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Asset-Deal oder Share-Deal Kriterien:
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Gesamtunternehmen oder Teilunternehmen |
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Haftung |
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Steuern |
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Übertragbarkeit von Aktiven/Passiven/Vertragsverhältnissen |
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Form (notariell oder privatschriftlich) |
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Vertragssprache |
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Anwendbares Recht |
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Feststellung der Beteiligten (Akquisitionsvehikel als Käufer?) |
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Vertretungsnachweise (Handelsregisterauszüge, Vollmachten, Certificate of Secretary, eventuell notariell beglaubigt und mit Apostille) |
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Informationen über das Unternehmen (Due Diligence) betreffend bilanzierte und nicht bilanzierte Aktiven und Passiven, wichtige Verträge, steuerliche, rechtliche und betriebswirtschaftliche Situation |
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Preisgestaltung (Verzinsung, Earn-out-clause?) |
▪ |
Übernahmestichtag, Übernahmebilanz, Gewinnbezugsrecht |
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Wettbewerbsverbot für Veräußerer? |
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Kartellrechtliche Relevanz |
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Kostentragung |
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Gerichtsstandsvereinbarung |
D. Muster: Geheimhaltungsvereinbarung
Rz. 4
Muster 44.1: Geheimhaltungsvereinbarung
Muster 44.1: Geheimhaltungsvereinbarung
Geheimhaltungsvereinbarung
zwischen _____ (Verkäufer)
und _____ (Käufer)
bezüglich _____ (Gesellschaft)
I. Vorbemerkung
1. |
Der Käufer ist daran interessiert, das Unternehmen der Gesellschaft oder Teile davon oder eine Beteiligung an der Gesellschaft oder sämtliche Anteile zu erwerben. |
2. |
Der Verkäufer ist alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft und bereit, dem Käufer alle die Gesellschaft betreffenden Informationen zu übermitteln, die für eine Bewertung und Kaufentscheidung wesentlich sind. |
3. |
Die Informationen sind überwiegend der Öffentlichkeit nicht bekannt und sollen auch nicht bekannt werden. |
4. |
Um das berechtigte Interesse des Verkäufers an einer vertraulichen Behandlung der Informationen und des beabsichtigten Unternehmenskaufes zu sichern, schließen die Parteien folgende |
II. Geheimhaltungsvereinbarung
1. |
Der Verkäufer verpflichtet sich, solange nicht eine der Vertragsparteien die Kaufverhandlungen für erfolglos erklärt hat, dem Käufer alle Informationen, die für eine Bewertung der Gesellschaft und e... |