I. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
Joint Ventures entstehen dann, wenn Unternehmen nicht aus eigener Kraft ein neues Projekt oder Geschäftsfeld in Angriff – aus rechtlichen Gründen – nehmen können oder wollen. Die Begriffswahl für solche Gemeinschaftsunternehmen ist vielfältig und uneinheitlich. Neben "Joint Venture", "Gemeinschaftsunternehmen oder Kooperation" finden sich Terminologien wie "Konsortialvereinbarungen" oder einfach "Konsortium": Es fehlt an einer Definition und einheitlichen gesetzlichen Definition, aus der sich entnehmen ließe, was genau ein Joint Venture ist und welchen Spielregeln es folgt.
Hier haben die Firmen X und Y ein Joint Venture in Form einer GmbH errichtet. Über die Regelungen des Gesellschaftsvertrages hinaus wollen sie die Grundlagen der Zusammenarbeit in einer Form regeln, die nicht dem Handelsregister vorzulegen ist. Die Kooperation kann in verschiedenen Intensitätsgraden erfolgen, die vom bloßen Erfahrungsaustausch über gemeinschaftliche Einrichtungen (gemeinsame Lagerhaltung, Anlaufstelle für Dritte) bis zu einer gemeinsamen Produktion oder zu einem gemeinsamen Vertrieb reichen können. Zu beachten ist, dass Kooperationen meistens langfristig angelegt werden, aber Trennungen dennoch einfach vorgenommen werden sollen, falls sich die Zielvorgaben ändern. Regeln kann man ferner: einheitliches Stimmverhalten, Wahlabsprachen, Disput-Regelungen; häufig anzutreffen sind auch Festlegungen über Unternehmenskulturen und -ziele.
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 2
Es ist üblich, dass Gesellschafter einer GmbH (oder Gesellschaften, die im Rahmen einer Aktiengesellschaft miteinander verbunden sind) Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern bzw. Aktionären festlegen. Dies kann vor, während oder nach der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erfolgen. Idealerweise ist es jedoch so, dass man zunächst Konsens über die Statuten findet, die auch im Handelsregister eingesehen werden können. In einem Kooperationsvertrag sind nun insbesondere die Regelungen zu vereinbaren, die man nicht der Öffentlichkeit offenbaren will.
Rz. 3
In der Ausgestaltung dieser Vereinbarung sind die Gesellschafter autonom. Grenzen der Vereinbarung ergeben sich aus den allgemeinen Rechtsvorschriften (insb. §§ 138, 242, 305 ff. BGB) und den zwingenden Vorschriften des GmbH- und Aktienrechts. Zu beachten ist, dass die Kooperationsvereinbarung normalerweise nicht dem Formzwang bei der Errichtung einer Gesellschaft (§ 3 GmbHG, § 23 AktG) unterliegt und üblicherweise formfrei abgeschlossen wird. Nur in Hinblick auf spätere Ergänzungen wäre § 127 BGB zu beachten, falls die Parteien ein Schriftformerfordernis vorsehen. Die Kooperationsvereinbarung ergänzt daher nur das Statut, kann dieses jedoch nicht ersetzen.
Daneben kommen als Vertragsformen noch die BGB-Gesellschaft, der Verein, alle Arten von Handelsgesellschaften und die Genossenschaft in Betracht, wobei sich aber je nach dem Gegenstand der Kooperation bestimmte Vertragsgestaltungen als besonders zweckmäßig erweisen. So bietet sich z.B. für Freiberufler (Ärzte, Rechtsanwälte etc.) die BGB- oder die Partnerschafts-Gesellschaft, für Einkaufsgemeinschaften die GmbH oder die Genossenschaft an.
Bei allen Vertragsabschlüssen über zwischenbetriebliche Kooperationen sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz), und zwar einerseits hinsichtlich der Rückwirkungen auf ein etwaig zwischen den Müttern zu beachtendes Wettbewerbsverhältnis nach § 1 GWB bzw. Art. 101 AEUV und andererseits im Bereich der Fusionskontrolle nach §§ 35 ff. GWB bzw. auf europäischer Ebene gemäß den Vorschriften der Fusionskontrollverordnung 139/2004 (FKVO, vgl. hierzu das Kapitel "Kartellrecht") zu beachten.
III. Checkliste: Kooperationsvereinbarung
Rz. 4
Eine Kooperationsvereinbarung sollte mindestens das Folgende enthalten:
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Vertragsgegenstand |
▪ |
Immaterialgüterrechte |
▪ |
Kosten der Vertragspartner |
▪ |
Eintritt weiterer Partner/Vorkaufsrechte |
▪ |
Grundsätze der Geschäftspolitik/Ausformung der Vorschriften über Geschäftsführung und über andere Organe des Statuts |
▪ |
Rahmenvorschriften über Bilanzierung |
IV. Muster: Kooperationsvertrag
Rz. 5
Muster 45.1: Kooperationsvertrag
Muster 45.1: Kooperationsvertrag
Kooperationsvertrag
über die Regelung der Zusammenarbeit im Rahmen des Gemeinschaftsunternehmens XYZ
zwischen Firma X, _____ und Firma Y, _____
Präambel
Die Vertragspartner haben unter dem Firmennamen "XYZ" ein Gemeinschaftsunternehmen errichtet.
Gegenstand des Unternehmens sind die _____ (nachfolgend "Projekt" genannt). Die Aktivitäten der Gesellschaft sollen sich auch auf vergleichbare Systeme erstrecken und sind im Grundsatz zwar auf Deutschland beschränkt, solche Aktivitäten außerhalb Deutschlands können von den Partnern im Einzelfall jedoch festgelegt werden. An dem Gemeinschaftsunternehmen ist bei Gründung die Firma X zu _____ % und die Firma Y zu _____ % beteiligt.
§ 1 Vertragsgegenstand
Der vorliegende Vertrag regelt die Zusammenarbeit der Vertragspartner innerhalb des Gemeinschaftsunternehmens unter Berücksichtigung der von den Vertragspartnern im Rahmen ihres gemeinsamen Projektes vor Gründung des Gemeinschafts...