A. Vorbemerkung
Rz. 1
Das Strafrecht untergliedert sich ähnlich dem Zivilrecht in die Regelungen des materiellen Strafrechts und die verfahrensrechtlichen Vorschriften.
B. Das materielle Strafrecht
Rz. 2
Die Regelungen des materiellen Strafrechts, d.h. die Straftatbestände und sonstigen Voraussetzungen der Strafbarkeit, finden sich in erster Linie im Strafgesetzbuch (StGB). Das StGB ist in zwei Teile untergliedert, den Allgemeinen und den Besonderen Teil. Neben den Vorschriften des StGB gibt es zusätzlich noch das sog. Nebenstrafrecht, d.h. strafrechtliche Bestimmungen, die in Spezialgesetzen geregelt sind. So sind z.B. bestimmte Verhaltensweisen, durch die Urheberrechte verletzt werden, in §§ 106 ff. des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) unter Strafe gestellt. Unerlaubte Verhaltensweisen, die von der Schwere ihres Unrechtsgehalts unterhalb einer Straftat liegen, bspw. eine Geschwindigkeitsüberschreitung mit einem Pkw, werden als Ordnungswidrigkeiten verfolgt und mit einer Geldbuße geahndet. Die diesbezüglichen Grundsätze finden sich im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).
I. Der Allgemeine Teil des StGB
Rz. 3
Im Allgemeinen Teil des StGB sind – wie der Name bereits andeutet – die allgemeinen, grundsätzlich für alle Delikte geltenden Grundsätze und Begriffsdefinitionen geregelt. Dort finden sich z.B. Normen über die Einteilung der Delikte in Verbrechen und Vergehen (§ 12 StGB), den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts im Ausland (§§ 5 ff. StGB), die Strafmündigkeit (§ 19: ab 14 Jahre), über die Definition und die Strafbarkeit des (erfolglosen) Versuchs einer Straftat (§§ 22 ff. StGB), die verschiedenen Arten der Beteiligung an einer Straftat (Täter, Anstifter, Gehilfe, §§ 25 ff. StGB), das Irrtumsrecht (§§ 16, 17 StGB), die verminderte oder fehlende Schuldfähigkeit (§§ 19 ff. StGB), Notwehr und Notstand (§§ 32, 34, 35 StGB), die Arten von Strafen (Freiheits-, Geldstrafe, Nebenstrafe §§ 38 ff. StGB) und Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB), die Grundsätze der Strafzumessung (§ 46 StGB) und die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB).
II. Der Besondere Teil des StGB
Rz. 4
Im Besonderen Teil des StGB sind die einzelnen verbotenen Verhaltensweisen in sog. Straftatbeständen genau, aber abstrakt formuliert umschrieben. Der Diebstahl ist z.B. in § 242 StGB geregelt. Die Gesetzesformulierung von § 242 Abs. 1 StGB lautet: "Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." In entsprechender Form finden sich bspw. Vorschriften über die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung in § 177 StGB und über den Mord in § 211 StGB.
III. Die Verfolgungsverjährung
Rz. 5
Mit Ausnahme von Mord (§ 211 StGB) und Völkermord (§ 220a StGB) unterliegen gem. § 78 Abs. 1 StGB auch Straftaten der Verfolgungsverjährung mit der Folge, dass nach Ablauf der Verjährungsfrist die Tat nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden darf. Die Verjährungsfristen sind je nach Deliktsschwere unterschiedlich lange bemessen, so beträgt die Frist bspw. gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit einer Strafe von zwischen einem und fünf Jahren geahndet werden können. Die Frist beginnt mit Beendigung der Tat. Sofern der Beschuldigte wegen der Tat vernommen wird oder eine andere der in § 78c StGB genannten Verfolgungsmaßnahmen erfolgt, wird die Verjährung unterbrochen und beginnt nach der Unterbrechung grundsätzlich neu zu laufen (vgl. § 78c Abs. 3 StGB).
C. Das Strafprozessrecht
Rz. 6
Mit dem Strafprozessrecht bezeichnet man zum einen alle Normen, die das Verfahren zur Feststellung einer Straftat regeln, zum anderen die Normen, die die Art und Weise der Vollstreckung einer erkannten Strafe bestimmen.
Rz. 7
Das Strafverfahren gliedert sich in insgesamt vier Verfahrensabschnitte, nämlich das Ermittlungsverfahren, das Zwischenverfahren, das Hauptverfahren und das Vollstreckungsverfahren. Allen Verfahrensabschnitten ist gemeinsam, dass die zu beurteilenden Sachverhalte – mit wenigen Ausnahmen – nicht durch die Beteiligten dieses Verfahrens beizubringen sind, sondern durch staatliche Behörden zu ermitteln sind. Man spricht insoweit vom Amtsermittlungsgrundsatz. Weiterhin ist das Strafverfahren dadurch gekennzeichnet, dass seine Durchführung sowie bestimmte Verfahrenshandlungen nicht in das Ermessen der Beteiligten gestellt, sondern gesetzlich vorgeschrieben und nicht disponibel sind. So ist die Staatsanwaltschaft zur Durchführung von Ermittlungen z.B. auch dann verpflichtet, wenn der Geschädigte eine Strafverfolgung ablehnt.
Rz. 8
Ausnahmen hiervon sind lediglich solche Delikte, die ausdrücklich per Gesetz vom Strafverfolgungszwang der Ermittlungsbehörden ausgenommen sind. Zu nennen sind hier insbesondere die Strafantragsdelikte. Als Beispiel ist hier die Sachbeschädigung gem. § 303 StGB zu nennen. Diese erfordert grds. zu ihrer Verfolgung einen Strafantrag, § 303c StGB. Ein Strafantrag ist das Verlangen des Geschädigten nach Strafverfolgung. Der Strafantrag im Rechtssinne ist also nicht zu verwechseln mit der Strafanzeige, mit der irgendjeman...