Wolfgang Arens, Ulrich Spieker
I. Typischer Sachverhalt
Rz. 24
In dem hier zugrunde gelegten Fall einer Konzernverbindung zwischen der X AG (beherrschtes Unternehmen) und der Y AG (herrschendes Unternehmen) besteht bereits ein Organschaftsvertrag, der durch einen Betriebsführungsvertrag noch intensiviert werden soll. Dabei soll aber nur ein einzelner Betrieb der X AG (nicht alle Betriebe) zur Betriebsführung überlassen werden. Außerhalb von Konzernverbindungen, in denen Betriebsführungsverträge häufig zur Regelung und Straffung der internen Beziehungen der verbundenen Unternehmen dienen, werden Betriebsführungsverträge häufig dort abgeschlossen, wo es darum geht, ohne Änderung der Eigentums- bzw. Inhaberverhältnisse eine fachlich kompetente externe Betriebsführung einzusetzen. Hintergrund kann eine Sanierungssituation sein, eine (vorübergehende) fremde Betriebsführerschaft in Familiengesellschaften, aber auch eine intensive Geschäftsbeziehung, bei der bspw. der Hauptlieferant oder der Lizenzgeber die Betriebsführung übernimmt.
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 25
Die Betriebsführung kann auf der Grundlage eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages i.S.v. § 675 BGB oder auf der Grundlage eines unentgeltlichen Auftrages gem. § 662 BGB erfolgen. Der Betriebsführer arbeitet stets für Rechnung der Eigentümergesellschaft bzw. Inhaberin. Bei der sog. echten Betriebsführung handelt er auch in deren Namen, bei der sog. unechten Betriebsführung handelt er im eigenen Namen.
Ein sog. "echter Betriebsführungsvertrag" ist also dadurch geprägt ist, dass der Betriebsführer den Betrieb nur aus abgeleitetem Recht im fremden Namen und für fremde Rechnung führen darf.
Rz. 26
Der Betriebsführungsvertrag unterscheidet sich von dem Betriebsüberlassungsvertrag bzw. dem Betriebspachtvertrag i.S.v. § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG dadurch, dass dort der Vertragspartner der Eigentümergesellschafter nicht nur im eigenen Namen, sondern auch für eigene Rechnung handelt. Auch der Betriebsführungsvertrag gibt die Möglichkeit, die Firma des geführten Unternehmens beizubehalten. Die Betriebsführung kann sich dabei auf einzelne Betriebe oder einzelne Unternehmensbereiche (sog. Teilbetriebsführungsvertrag) beziehen, jedoch auch auf den gesamten Betrieb bzw. alle Betriebe eines Unternehmens (sog. Vollbetriebsführungsvertrag; vgl. auch § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG).
Rz. 27
Soweit es sich um den Betrieb einer Aktiengesellschaft handelt, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit im Hinblick auf die Pflicht des Vorstandes zur eigenverantwortlichen Leitung gem. § 76 AktG. Nach der herrschenden Meinung ist die Betriebsführung zumindest dann zulässig, wenn der Vorstand weiterhin die Unternehmenspolitik entscheidet, den Betriebsführer überwacht und der Betriebsführer nur die laufende Geschäftsführung ausübt.
III. Checkliste: Betriebsführungsvertrag
Rz. 28
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Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss des Betriebsführungsvertrages zwischen den Vertretungsorganen der Eigentümer-Gesellschaft und der betriebsführenden Gesellschaft |
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Frühzeitige Beteiligung etwaiger Aufsichtsräte/Beiräte der beteiligten Gesellschaften |
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Abschluss des Betriebsführungsvertrages durch die Vertretungsorgane der beteiligten Gesellschaften, ggf. unter Zustimmungsvorbehalt
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Beachtung etwaiger Wirksamkeitsvorbehalte nach den Satzungen/Gesellschaftsverträgen der beteiligten Gesellschaften |
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Beachtung etwaiger Zustimmungserfordernisse der Kontrollgremien (Aufsichtsräte/Beiräte) |
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Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung entsprechend § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG bei Übertragung der Führung des gesamten "Betriebs des Unternehmens" |
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Einholung der etwa erforderlichen Zustimmungen der Kontrollorgane (Aufsichtsräte/Beiräte) der beteiligten Gesellschaften |
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Etwa erforderlicher Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung/Hauptversammlung der Eigentümergesellschaft |
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Etwa erforderlicher Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung/Hauptversammlung der betriebsführenden Gesellschaft |
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Etwa erforderliche Anmeldung eines Vollbetriebsführungsvertrages i.S.v. § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG zum Handelsregister |
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Etwaige Eintragung des Vollbetriebsführungsvertrages im Handelsregister der Eigentümer-Gesellschaft |
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Wirksamwerden des Vollbetriebsführungsvertrages mit seiner Eintragung im Handelsregister der Eigentümer-Gesellschaft |