Wolfgang Arens, Ulrich Spieker
A. Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag (sog. Organschaftsvertrag)
I. Typischer Sachverhalt
Rz. 1
Die X GmbH ist bereits Mehrheitsgesellschafterin der Y GmbH (sog. faktisches Konzernverhältnis). In der Y GmbH, der Untergesellschaft, sind allerdings auch noch – in geringem Umfang – sog. außenstehende Gesellschafter beteiligt, also solche Gesellschafter, die nicht auch an der Obergesellschaft, der X GmbH, beteiligt sind und deshalb keine gleich gelagerten wirtschaftlichen Interessen haben. In den Gesellschafterversammlungen der Y GmbH hat es deshalb wiederholt streitige Abstimmungen gegeben. Die sog. außenstehenden Gesellschafter der Y GmbH (Minderheitsgesellschafter) werfen der X GmbH als Hauptgesellschafterin Verstöße gegen die Gesellschaftertreuepflichten und Schädigung der Y GmbH vor. Um zu vermeiden, dass in Zukunft Beschlussfassungen in der Y GmbH durch Anfechtungsklagen der Minderheitsgesellschafter analog §§ 243 ff. AktG erschwert oder behindert werden, beabsichtigt die X GmbH als Mehrheitsgesellschafterin bzw. beabsichtigen deren Gesellschafter, durch einen sog. Organschaftsvertrag (Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag) die Y GmbH der X GmbH umfassend zu unterstellen. Das Weisungsrecht der herrschenden Gesellschaft (Obergesellschaft, auch "Organträger" genannt) überlagert dann das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Untergesellschaft (auch "Organgesellschaft" genannt). Mildere Formen einer solchen vertraglichen Verbindung wären etwa ein Teilgewinnabführungsvertrag oder der Abschluss eines (atypisch) stillen Gesellschaftsvertrages ("GmbH & Still").
II. Rechtliche Grundlagen
Rz. 2
Auch im GmbH-Konzernrecht findet sich in der Praxis häufig der sog. Organschaftsvertrag als Kombination aus Ergebnisabführungsvertrag und Beherrschungsvertrag, wenngleich Unternehmensverträge i.S.d. §§ 291, 292 AktG für das GmbH-Recht gesetzlich nicht geregelt sind. Es ist aber anerkannt, dass auch im GmbH-Recht solche Unternehmensverträge oder Kombinationen daraus zulässig sind.
Rz. 3
Der BGH hat durch die sog. Supermarkt-Entscheidung und den sog. Siemens-Beschluss eine weitgehende Klärung über die Abschlussvoraussetzungen eines solchen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages im GmbH-Konzern herbeigeführt und dabei weitgehend die Voraussetzungen der §§ 291 ff. AktG übernommen, wenngleich er zur Begründung insoweit nicht eine echte Analogie zu den aktienrechtlichen Vorschriften heranzieht. Jedoch bedarf der Abschluss eines solchen Unternehmensvertrages aus der Sicht der abhängigen GmbH entsprechend §§ 53, 54 GmbHG zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung durch ihre Gesellschafterversammlung in notariell beurkundeter Form und der Eintragung in das Handelsregister (vgl. § 294 Abs. 2 AktG). Weil es sich um eine "satzungsgleiche" Änderung des Organisationsstatuts der GmbH handele, sei diese Änderung, also der Abschluss eines Unternehmensvertrages, nicht mehr von der (rechtsgeschäftlichen) Vertretungsmacht der Geschäftsführer der GmbH gedeckt.
Ob es sich beim Teilgewinnabführungsvertrag um ein besonders bedeutsames Geschäft i.S.d. § 49 Abs. 2 GmbHG handelt und der Geschäftsführer deshalb verpflichtet ist, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung von sich aus im Innenverhältnis einzuholen, hat der BGH offengelassen.
Die Abgrenzung zwischen einem Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrag entsprechend § 291 AktG und einem "Anderen Unternehmensvertrag" i.S.v. § 292 AktG hat strikt schematisch danach zu erfolgen, ob der gesamte Gewinn abgeführt bzw. die Gesellschaft unmittelbar den Weisungen der herrschenden Gesellschaft unterworfen wird, so dass der Gesellschaftszweck und die Zuständigkeitskompetenz der Gesellschafter bzw. ihr Gewinnrecht direkt beeinträchtigt werden (dann § 291 AktG analog), oder ob der Gesellschaft irgendein, möglicherweise völlig bedeutungsloser Anteil am Gewinn bzw. ein Handlungsspielraum verbleibt.
Ist dagegen eine Personengesellschaft die beherrschte Gesellschaft, kann die Eintragung eines Unternehmensvertrages in das Handelsregister weder auf eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung gestützt noch aus einer entsprechenden Anwendung der für eine Satzungsänderung geltenden Vorschriften hergeleitet werden.
Ein Vertrag, mit dem sich eine GmbH im Rahmen einer stillen Beteiligung verpflichtet, einen Teil ih...