Torsten Bendig, Dr. iur. Matthias Keller
a) Einmaliger Konsum
Rz. 65
In Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV heißt es betreffend die Einnahme von Betäubungsmitteln (ausgenommen Cannabis) und damit zur Einnahme "harter Drogen":
Krankheiten, Mängel |
Eignung oder bedingte Eignung |
Beschränkungen/Auflagen bei bedingter Eignung |
Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T |
Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, FzF |
Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T |
Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, FzF |
9. |
Betäubungsmittel (…) |
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9.1 |
Einnahme von Betäubungsmitteln i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) |
nein |
nein |
– |
– |
Rz. 66
In Anknüpfung an diese Bewertung für den Regelfall schließt schon der einmalige Konsum einer harten Droge wie Heroin, Kokain, Ecstasy, LSD oder Amphetamin die Fahreignung aus. Auf die Teilnahme am Straßenverkehr oder einen wiederholten Konsum kommt es nicht an. Diese Auffassung hat sich in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung durchgesetzt.
b) Begriff der Einnahme
Rz. 67
Der Begriff der Einnahme einer illegalen Droge setzt eine bewusste und gewollte Aufnahme voraus. Dementsprechend wird in der Praxis nicht selten der Einwand erhoben, die in Rede stehenden Drogen seien durch unbewusste Aufnahme in den Körper des Betroffenen gelangt.
Rz. 68
Beispiel: Das vertauschte Glas
Der B besucht eine Diskothek und gerät bei der Heimfahrt in eine Verkehrskontrolle. Der Polizeibeamte sieht Anzeichen von Drogenkonsum. Die dem B entnommene Blutprobe ergibt einen positiven Befund auf Amphetamin.
Die Straßenverkehrsbehörde entzieht die Fahrerlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung. B stellt beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und macht geltend, er habe noch nie in seinem Leben Drogen genommen. Möglicherweise habe ihm jemand ohne sein Wissen Drogen in sein Glas getan oder sein Glas vertauscht, als er auf der Toilette oder der Tanzfläche gewesen sei.
Rz. 69
Mit einem derartigen Vorbringen wird ein atypischer Geschehensablauf geltend gemacht. Es besteht daher die Gefahr, dass es vom Verwaltungsgericht als bloße Schutzbehauptung eingeordnet wird. Um Gehör zu finden, muss der Betroffene die Hintergründe eines solchen Geschehens vollständig aufdecken und nach Möglichkeit die in Betracht kommenden Beteiligten und ein etwaiges Motiv für deren Verhalten schlüssig und nachvollziehbar darlegen. Es ist nämlich erklärungsbedürftig, warum ein Dritter, der für sich eine illegale Droge teuer erworben hat, diese einfach aus den Händen gibt. Schließlich muss sich der Betroffene auch dazu verhalten, wie und wann er die Wirkung der Droge wahrgenommen und warum er gleichwohl ein Kraftfahrzeug geführt hat. Entstehen dabei Ungereimtheiten, kann dies Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Betroffenen wecken.
c) Akt der gebundenen Verwaltung
Rz. 70
Liegt die in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV enthaltene Regelannahme vor, ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend vorzunehmen, vgl. § 46 Abs. 1 FeV. Es handelt sich um einen Akt der gebundenen Verwaltung. Ein Ermessen ist der Behörde nicht eingeräumt. Vielmehr handelt sie pflichtwidrig, wenn sie die gesetzlich vorgesehene Entziehung der Fahrerlaubnis nicht verfügt. Meint die Behörde, sie könne es zugunsten des betroffenen Konsumenten einer "harten Droge" bei einer Aufklärungsmaßnahme durch Beibringung eines Gutachtens belassen, ohne dass ein Ausnahmefall (Vorbemerkung Nr. 3 S. 2 der Anlage 4 zur FeV) eingreift, so handelt sie rechtswidrig, weil die einzig rechtmäßige Maßnahme in dieser Situation der Entzug ist, vgl. dazu § 11 Abs. 7 FeV.
d) Wiedererlangung der Fahreignung
Rz. 71
Zur Wiedererlangung der Fahreignung nach dem Konsum einer harten Droge sind zwei Nachweise zu führen, und zwar betreffend
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die Abstinenz über ein Jahr (Nr. 9.5 Anlage 4 zur FeV) durch Screenings, |
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den stabilen Verhaltens- und Einstellungswandel durch eine MPU. |
Rz. 72
Der Nachweis über die Abstinenz kann – abgesehen von einer Haaranalyse – durch Urinuntersuchungen ("Screenings") geführt werden. Diese müssen die sog. CTU-Kriterien erfüllen, welche die Häufigkeit von Urinkontrollen (6 in 12 Monaten bzw. 4 in 6 Monaten), die Erhebungsbedingungen und die qualitativen Anforderungen an das untersuchende Labor festlegen. Bei den Erhebungsbedingungen kommt es u.a. darauf an, dass die Urinabgabe für den Betroffenen nicht vorhersehbar ist. Auch muss die Abgabe der Urinprobe unter direkter Sicht eines Arztes oder Toxikologen erfolgen, um jede Manipulationsmöglichkeit auszuschließen.
Rz. 73
Ferner ist wichtig: Die Untersuchung muss in einem nach DIN ISO EN 17025 für forensische Zwecke akkreditierten Labor stattfinden. Es geschieht in der Praxis nicht selten, dass "ne...