aa) Grundsatz
Rz. 50
Sind neben der Hauptsache auch vorgerichtlich anzurechnende Kosten mit eingeklagt und schließen die Parteien einen Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten, dann können sich Probleme bei der Anrechnung ergeben. Es kommt dann auf den Inhalt des Vergleichs bzw. seine Auslegung an.
Rz. 51
Soll in einem Vergleich die Geschäftsgebühr berücksichtigt werden, so empfiehlt es sich, diese auszurechnen und zu beziffern oder anderweitig klarzustellen, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll.
Rz. 52
Aus dem Vergleich muss sich eindeutig ergeben, inwieweit die Geschäftsgebühr in der Vergleichssumme enthalten sein soll. Anderenfalls kommt eine Anrechnung nicht in Betracht. Im Einzelnen gilt Folgendes.
bb) Eindeutige Regelung
Rz. 53
Unproblematisch ist die Rechtslage, wenn sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, inwieweit die vorgerichtliche Geschäftsgebühr vom Vergleich erfasst und tituliert sein soll.
Beispiel 29: Anrechnung bei Vergleich, eindeutige Regelung (I)
Der Kläger hatte 8.000,00 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) in Höhe von
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
753,00 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
773,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
146,87 EUR |
Gesamt |
|
919,87 EUR |
Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
585,00 EUR |
|
(Wert: 6.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
605,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
114,957 EUR |
Gesamt |
|
719,95 EUR |
Da sich aus dem Vergleich eindeutig ergibt, dass eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 6.000,00 EUR tituliert ist, sind folglich 0,75 aus 6.000,00 EUR anzurechnen, sodass wie folgt festzusetzen ist:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
|
– 292,50 EUR |
|
0,75 aus 6.000,00 EUR |
|
|
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
602,40 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
982,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
186,68 EUR |
Gesamt |
|
1.169,18 EUR |
Rz. 54
Beispiel 30: Anrechnung bei Vergleich, eindeutige Regelung (II)
Der Kläger hatte 8.000,00 EUR sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) eingeklagt. Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR zu zahlen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von
1. |
1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
507,00 EUR |
|
(Wert: 6.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
527,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
100,13 EUR |
Gesamt |
|
627,13 EUR |
In der Kostenfestsetzung anzurechnen sind jetzt nur 0,65 aus 6.000,00 EUR.
Rz. 55
Ist lediglich vereinbart, dass der Gegner dem Grunde nach eine bestimmte Geschäftsgebühr zahlen solle, dann ist die Gebühr nicht tituliert, da keine vollstreckbare Vereinbarung vorliegt, die aber § 15a Abs. 3 RVG voraussetzt. Jetzt kann anrechnungsfrei festgesetzt werden. Allerdings kann dann später die Geschäftsgebühr nicht mehr voll verlangt werden, da nachträglich ein Anrechnungstatbestand eingetreten ist.
Beispiel 31: Anrechnung bei Vergleich dem Grunde nach
Der Kläger hatte 8.000,00 EUR sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) eingeklagt. Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR zu zahlen "sowie eine 1,5-Geschäftsgebühr aus 6.000,00 EUR".
Jetzt ist die Geschäftsgebühr nicht tituliert. Der Kläger hat daher zwei Möglichkeiten:
▪ |
Er berechnet die Geschäftsgebühr und fordert diese beim Gegner ein. Sofern dieser zahlt, kann der Kläger nur noch den um die Anrechnung verminderten Betrag festsetzen lassen. |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
|
– 292,50 EUR |
|
0,75 aus 6.000,00 EUR |
|
|
3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
602,40 EUR |
|
(Wert: 8.000,00 EUR) |
|
|
4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
982,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
186,68 EUR |
Gesamt |
|
1.169,18 EUR |
▪ |
Er lässt die Verfahrensgebühr anrechnungsfrei festsetzen. Dann kann er die Geschäftsgebühr nur noch in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe einfordern. |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV |
|
585,00 EUR |
|
(Wert: 6.000,00 EUR) |
|
|
2. |
gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen, |
|
– 292,50 EUR |
|
0,75 aus 6.000,00 EUR |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
312,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
59,38 EUR |
Gesamt |
|
371,88 EUR |
cc) Fehlende Regelung
Rz. 56
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