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Mit der Novellierung des Baurechts zum 1.1.2018 wurde erstmals der Vertragstyp des "Architekten-/Ingenieurvertrags" in das BGB eingeführt.[23] § 650p BGB neu regelt die hierfür kennzeichnenden Leistungspflichten: Der Unternehmer schuldet die Leistungen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Was im Einzelfall geschuldet ist, bestimmt sich also nach dem konkreten Leistungsstand.[24]

Neu ist die Regelung der sog. "Zielfindungsphase" in § 650p Abs. 2 BGB neu:

 

Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor.

Ziel ist die verbindliche Festlegung des Vertragsziels. Dem vorgeschaltet ist die Klärung der Vorgaben und der Bedarfsplanung des Bestellers.

Der Gesetzgeber bezweckt mit der Neuregelung die Eingrenzung einer immer weiter gehenden unentgeltlichen Akquisephase zulasten des Planers.[25] Es geht in § 650p Abs. 2 BGB daher noch nicht um die "eigentliche" Planung, sondern, wie der Wortlaut deutlich macht, um ein erstes Umreißen der Planungsgrundlagen. Hürde für den Vertragsschluss bleibt stets der Wille der Parteien. Ob ein Besteller, der sich bis dato nur vage Vorstellungen über das umzusetzende Projekt gemacht hat, über den Willen zum Abschluss eines Architekten-/Ingenieurvertrags verfügt, dürfte in der Praxis jedoch häufig zu verneinen sein.[26]

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH kann eine akquisitorische Tätigkeit des Architekten ohne vertragliche Bindung keinen Vergütungsanspruch nach den Grundsätzen der HOAI begründen. Die vergütungsfreie Akquisitionsphase endet jedoch, sobald eine Vergütungsvereinbarung – gleich welcher Art – getroffen wird.[27] Erbringt der Architekt im Folgenden Leistungen, für die die HOAI gemäß § 1 HOAI Anwendung findet, so gelten für die Vergütung ab diesem Zeitpunkt die Regeln und Mindestsätze der HOAI. Eine davon abweichende vertragliche Vergütungsvereinbarung ist unwirksam, da sie mit dem Zweck der HOAI, durch die Bindung an die Mindestsätze einem ruinösen Preiswettbewerb vorzubeugen, nicht vereinbar ist.[28]

Im Ergebnis bedeutet dies eine Art "Vorverlagerung" der Probleme, die sich bisher um die Akquisephase gerankt haben, in den Bereich der (ggf. eben auch nur mündlich nachzuweisenden) vertraglichen Regelung zur Findungsphase.

Ob sich die Einordnung der Findungsphase in den (strikt) werkvertraglichen Bereich etablieren wird (wovon der Verfasser ausgeht) oder nicht, bleibt abzuwarten und hängt sicherlich im Einzelfall wieder davon ab, welche vertraglichen Abreden die Parteien dazu getroffen haben bzw. welche sich nachweisen lassen. Geht es um eine reine und völlig ergebnisoffene Untersuchung von hypothetischen planerischen Möglichkeiten, wird sich möglicherweise auch nur ein Dienstvertrag mit geschäftsbesorgenden Elementen darlegen lassen. Wird der Vertrag nach der Zielfindungsphase fortgesetzt, spricht aber alles für einen Werkvertrag.[29]

[23] Sehr ausführlich zum neuen Bauvertragsrecht: Kniffka/Retzlaff, BauR 2017, 1747. Ferner auch: Fischer, AnwZert BauR 18/2017 sowie Deckers, ZfBR 2017, 523 ff.
[24] Kritisch zur funktionalen Leistungsbeschreibung des § 650p BGB: Lederer, BauR 2017, 605.
[25] Fuchs, NZBau 2015, 675; Fischer, AnwZert BauR 19/2016 Anm. 1.
[26] Siehe zur Problematik der Reichweite des neuen § 650p BGB insbesondere Motzke, NZBau 2017, 251 ff.; Deckers, ZfBR 2017, 523 ff.; Orlowski, ZfBR 2016, 419.
[27] Vgl. Anm. 20.
[29] Vgl. BeckOK-Bauvertragsrecht/Fuchs, 20. Edition, Stand 31.1.2023, § 650p Rn 167.

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