Rz. 35
Gem. § 15 Abs. 1 HOAI 2013 sowie § 640g Abs. 4 Nr. 2 BGB ist weitere Fälligkeitsvoraussetzung die Überreichung einer prüffähigen Honorarschlussrechnung bzw. (§ 640g Abs. 4 Nr. 2 BGB) nunmehr einfach Schlussrechnung. Die Schlussrechnung ist überreicht, wenn sich aus der Rechnung, die nicht zwingend ausdrücklich als "Schlussrechnung" bezeichnet werden muss, zweifelsfrei ergibt, dass der Architekt damit sein Honorar endgültig berechnen will. Gemäß allgemeiner Auslegungsgrundsätze ist im Zweifel auf den Empfängerhorizont abzustellen. Eine Schlussrechnung liegt daher auch vor, wenn der Auftragnehmer erklärt, dass er keine weiteren Forderungen mehr stellen werde oder eine als "Schlussrechnung" bezeichnete Rechnung unter den Vorbehalt von Nachforderungen gestellt wird.
Rz. 36
Die Prüffähigkeit der Schlussrechnung ist prozessual wahrscheinlich eines der am meisten ausgereizten Themen; für die Beurteilung von Chancen und Risiken der Honorarklage ist es wesentlich, die Grundsätze der Rechtsprechung zur Prüffähigkeit der Schlussrechnung zu kennen und nicht vorschnell mangelnde Prüffähigkeit zu rügen, die Prüffähigkeit mit der Frage der rechnerischen Richtigkeit zu verwechseln oder unter der Rüge der mangelnden Prüffähigkeit falsche prozesstaktische Weichenstellungen vorzunehmen.
Rz. 37
Grundsätzlich kann die Frage, ob eine Schlussrechnung prüffähig ist oder nicht, nicht abstrakt-generell, sondern nur im Einzelfall beurteilt werden. Im Grundsatz ist die Prüffähigkeit dann gegeben, wenn die Abrechnung den Kontroll- und Informationsinteressen des Auftraggebers genügt, wobei das Vorliegen dieser Fälligkeitsvoraussetzung anhand objektiver Kriterien bestimmt werden muss.
Rz. 38
Nach objektiven Kriterien ist die Rechnung dann prüffähig, wenn sie die Angaben enthält, die nach der HOAI notwendig sind, um die Vergütung zu berechnen. Dies sind im Regelfall – und auch nach HOAI 2009 und 2013 zumindest für die Leistungsbilder der Teile 3 und 4:
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anrechenbare Kosten des Objekts, |
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Umfang der Leistung, |
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Bewertung der Leistung, |
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Honorarzone, |
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Honorarsatz, |
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ggf. Zuschläge, z.B. §§ 35, 36 HOAI 2009, bzw. § 36 HOAI 2013 |
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(bei vorzeitiger Vertragsbeendigung) Abgrenzung der erbrachten von den nicht erbrachten Leistungen und Abzug ersparter Aufwendungen bzw. anderweitigen Erwerbs. |
Wie weit darüber hinaus die Aufgliederung einer Honorarschlussrechnung gehen muss, ist Frage der Umstände des Einzelfalles, wobei auch die unterschiedliche Sachkunde aufseiten des Auftraggebers zu berücksichtigen ist.
Bei Geltung der HOAI 2021 (also bei Verträgen ab 1.1.2021) sind die Anforderungen anhand der getroffenen Honorarvereinbarung zu prüfen – so wird eine Pauschalhonorarabrede andere Prüffähigkeitsvoraussetzungen haben als etwa eine an der Orientierungsbasis des § 2a Abs. 2 HOAI 2021 angelehnte Honorarvereinbarung. Im Regelfall wird sich aber anbieten, die bisherigen Kriterien sowie die Kriterien der §§ 14, 15 und 16 VOB/B entsprechend anzulegen.
Rz. 39
Besondere Angaben können etwa nötig sein, wenn das Honorar nach Zeitaufwand zu ermitteln ist. Hier reicht die bloße Angabe einer Gesamt-Stundenzahl nicht aus. Sind dem Auftragnehmer nicht sämtliche Grundleistungen einer Leistungsphase in Auftrag gegeben, muss in der Rechnung der Honoraranteil für die einzelnen Grundleistungen angegeben werden, wobei auf die sogenannte "Steinfort-Tabelle" zurückgegriffen werden kann. Bei nur teilweiser Erbringung der Grundleistungen ist eine pauschale Angabe von Prozentsätzen ohne Begründung nicht prüfbar.
Die Anforderungen an die Prüffähigkeit dürfen jedoch nicht überspannt werden; in der Rechtsprechung ist eine Tendenz nicht zu übersehen, die Anforderungen an die Prüffähigkeit der Schlussrechnung nicht mehr ganz so streng zu sehen, wie dies noch vor Jahrzehnten der Fall war.
Rz. 40
Eine neue Honorargrundlage sollte mit § 6 Abs. 2 HOAI 2009, bzw. § 6 Abs. 3 HOAI 2013 geschaffen werden: danach konnten die Vertragsparteien abweichend von § 6 Abs. 1 HOAI 2009/2013 schriftlich vereinbaren, dass das Honorar auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten einer Baukostenvereinbarung nach den Vorschriften der HOAI berechnet wird.
Mit Urt. v. 24.4.2014 hat der BGH entschieden, dass § 6 Abs. 2 HOAI 2009 unwirksam ist, da er von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 §§ 1 und 2 MRVG nicht gedeckt ist. Auch wenn sich das Urteil nur auf § 6 Abs. 2 HOAI 2009 bezieht, so ist doch davon auszugehen, dass § 6 Abs. 3 HOAI 2013 ebenfalls unwirksam ist. Folglich wäre das Baukostenvereinbarungsmodell, wie es in der aktuellen Fassung der HOAI geregelt ist, unwirksam. In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die – vergaberechtliche – Entscheidung des KG vom 1.9.2014 hingewiesen. Das Gericht hat hier festgehalten, dass Vergabeverfahren für Leistungen nach HOAI, die auf Grundlage der HOAI 2009 ausgeschrieben wurden und nicht bis zum 17.7.2013 beauftragt wurden, danach aufzuheben und neu auszuschreiben sind. Der Abschluss eines Vertrags zur Erbringung und Ve...