Dr. Alexandra Jorzig, Ilse Dautert
a) Einzelrichter
Rz. 170
Gem. § 523 Abs. 1 ZPO wird auch im Berufungsverfahren der originäre Einzelrichter ermöglicht. In der Praxis ist diese Regelung von untergeordneter Bedeutung, da es selten zu einem Berufungsverfahren durch einen Einzelrichter kommt. Die Begründung hierfür liegt darin, dass der BGH unter der Geltung der ehemaligen Zivilprozessordnung die Rechtsprechung entwickelt hat, dass eine Einzelrichterentscheidung im Arzthaftungsrecht grundsätzlich einen Verfahrensfehler darstellt.
b) Präklusion neuen Vorbringens gem. § 531 ZPO
Rz. 171
Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zurückgewiesen worden sind, bleiben gem. § 531 ZPO auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen. Hier ergibt sich keine Änderung gegenüber der früheren Rechtslage. Von dieser Regelung ist nur streitiges Vorbringen erfasst. Unstreitiges Vorbringen darf auch in der Berufungsinstanz Berücksichtigung finden.
Nach § 531 Abs. 2 ZPO sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren nur zuzulassen, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszugs erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist (Nr. 1), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurde (Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf Nachlässigkeit der Partei beruht (Nr. 3).
Um die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu erfüllen, müsste dieses aus den Gesamtumständen des Verfahrens deutlich erkennbar sein. In diesem Zusammenhang wird wie bei der unterlassenen Geltendmachung in Folge eines Verfahrensmangels kritisch zu prüfen sein, ob erstinstanzlich ein gebotener Hinweis nach § 139 ZPO zu rügen wäre, mit der Folge, Vorbringen in das Berufungsverfahren einzuführen, welches erstinstanzlich nicht gebracht wurde.
§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist von besonderer Bedeutung. Schon wenn aus Gründen einfacher Fahrlässigkeit im ersten Zug ein Vorbringen nicht getätigt wird, wird es nicht mehr berücksichtigt. Unabhängig hiervon sollte dennoch derartiges Vorbringen auch in der zweiten Instanz vorgebracht werden, da manche Gerichte dazu neigen, dieses Vorbringen dennoch zuzulassen.
Der BGH hat diese Vorgehensweise für den Arzthaftungsprozess korrigiert und klargestellt, dass beim Vortrag zu medizinischen Fragen im Arzthaftungsprozess an den Vortrag gegen ein Sachverständigengutachten ebenso wie an den klagebegründenden Sachvortrag nur äußerst maßvolle Anforderungen zu stellen seien und demgemäß der Patient und sein Prozessbevollmächtigter nicht verpflichtet seien, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen.