Dr. Alexandra Jorzig, Ilse Dautert
a) Einleitung
Rz. 120
Es bietet sich – gerade bei komplexen Sachverhalten – an, kurz in den Sach- und Streitstand einzuführen, um den Leser, hier das Gericht, mit dem wesentlichen Inhalt vertraut zu machen.
b) Prozessuales
Rz. 121
Unter dieser Überschrift sollten sämtliche verfahrenstechnischen Punkte angesprochen werden. Es vereinfacht auch hier dem Gericht die Handhabung der Klageerwiderung.
aa) Anträge
Rz. 122
Nicht selten wird der Schmerzensgeldantrag neben einem Feststellungsantrag mit einem immateriellen Vorbehalt geltend gemacht. Dies ist der Regelfall. Hierbei ist dann darauf zu achten, dass bei einem unbegrenzten immateriellen Vorbehalt ("… sämtliche immateriellen Schäden …") die Einschränkung gerügt wird. Da das Schmerzensgeld einheitlich zu bemessen ist, ist das Schmerzensgeld für sämtliche vorhersehbaren Schäden bereits mit dem Schmerzensgeldantrag als abgegolten anzusehen. Innerhalb des Feststellungsantrags dürfen nur noch immaterielle Vorbehalte für derzeit nicht vorhersehbare Schäden geltend gemacht werden.
bb) Einzelrichter
Rz. 123
Im Arzthaftungsprozess ist aufgrund des schwierigen medizinischen Sachverhalts darauf zu achten, dass das Verfahren beim LG nicht vor dem Einzelrichter, sondern vor der Zivilkammer geführt wird. Gem. § 348 Abs. 1 S. 2 Nr. 2e ZPO bleibt der Rechtsstreit ohnehin originäre Kammersache, soweit eine Spezialzuständigkeit gegeben ist. Sollte keine Spezialzuständigkeit bestehen, müsste die Sache dennoch aufgrund von tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Kammer übertragen werden.
cc) Güteverhandlung
Rz. 124
In der Regel wird im Arzthaftungsprozess eine Güteverhandlung aussichtslos sein (§ 278 Abs. 2 S. 1 ZPO), da vor Klageerhebung regelmäßig eine außergerichtliche Korrespondenz mit dem hinter dem Arzt stehenden Haftpflichtversicherer stattgefunden hat, bei der keine Einlegung erzielt werden konnte. Insofern erübrigt sich dann eine Güteverhandlung.
dd) § 358a ZPO
Rz. 125
Aufgrund der Tatsache, dass ein Arzthaftungsprozess in der Regel nicht ohne Sachverständigengutachten entschieden werden kann, ist stets anzuregen, gem. § 358a ZPO zu verfahren, um sich einen unnötigen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung zu ersparen.
c) Passivlegitimation
Rz. 126
Für die Passivseite, d.h. also die Behandlerseite, ist stets die Passivlegitimation zu überprüfen. Sollte nämlich die verklagte Partei nicht passivlegitimiert sein, wäre die Klage allein aus diesem Grund schon abweisungsreif. Im Übrigen ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen (siehe Rdn 88 ff.).
d) Verjährung
Rz. 127
Da die Verjährung seitens des Gerichts nur auf Rüge der Behandlerseite überprüft wird, ist stets auch die Verjährung zu überprüfen und sodann ggf. die Verjährungsrüge zu erheben. Gerade in letzter Zeit ist festzustellen, dass Verjährungseinreden immer mehr Beachtung finden. Im Übrigen ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen (siehe Rdn 69 ff.).
e) Behandlungsablauf
Rz. 128
Da an die Substantiierungspflichten des Patienten in einem Arzthaftungsprozess nur geringe Anforderungen gestellt werden, ist der Arzt aufgrund der für ihn geltenden sekundären Darlegungslast dazu verpflichtet, den Sachverhalt, d.h. in concreto den Behandlungsablauf, anhand der Krankenunterlagen darzulegen. Der Arzt hat somit auch bei der Schilderung des Behandlungsablaufs dafür Sorge zu tragen, dass unwahre Behauptungen seitens des Patienten richtiggestellt und ggf. anhand der Krankenunterlagen unter Beweis gestellt werden. Ferner sollte auch beantragt werden, die Krankenunterlagen der Vor- und Nachbehandler seitens des Gerichts gem. § 142 ZPO beizuziehen. Aus den Krankenunterlagen der Vor- und Nachbehandler ergeben sich häufig sehr wertvolle Erkenntnisse, die zu einer Wendung im Rahmen des Prozesses führen können, da sich aus den Unterlagen Umstände ergeben können, die z.B. auf bestehende Grunderkrankungen, die die nunmehr eingeklagten Beschwerden herbeigeführt haben, schließen lassen. Dies könnte einen Behandlungsfehlervorwurf erheblich relativieren.
f) Behandlungsfehler
Rz. 129
Sodann hat der Arzt auf den von dem Patienten gerügten Behandlungsfehler zu erwidern. Er sollte aus seiner Sicht darstellen, warum die durchgeführten Behandlungsmaßnahmen nicht behandlungsfehlerhaft waren, sondern dem ärztlichen Standard entsprachen. Dies sollte er dann auch durch entsprechende Beweisantritte wie z.B. Sachverständigengutachten untermauern. Auch wenn die Beweislast für den Behandlungsfehler auf Seiten des Patienten liegt, so dass der Arzt nicht verpflichtet ist, zu beweisen, dass kein Behandlungsfehler vorliegt, kann sich doch im Laufe des Prozesses die Beweislast umkehren, so dass dann die Gefahr besteht, dass vergessen wird, entsprechende Beweisantritte nachzuschieben. Insofern ist es ratsa...