Dr. Alexandra Jorzig, Ilse Dautert
Rz. 165
Begrifflich bedeutet Vergleich die "Beseitigung eines Streits oder der Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens". Der Vergleich (außergerichtlich oder gerichtlich) ist ein gegenseitiger Vertrag, so dass die entsprechenden Vorschriften des BGB Anwendung finden. Ein solcher Vergleich ist grundsätzlich formlos möglich, jedoch sollte aus Beweisgründen dieser Vergleich schriftlich abgeschlossen werden. Der Prozessvergleich, der zugleich Vollstreckungstitel ist, bedarf jedoch der Form. Er muss vor Gericht in Anwesenheit der Parteien oder deren Vertreter geschlossen und ordnungsgemäß beurkundet sein. Hinsichtlich der Vertragsparteien des Vergleichs gilt, dass der Geschädigte bzw. sein gesetzlicher Vertreter den Vergleichsvertrag unterzeichnet. Für den Schädiger wird in der Regel der hinter ihm stehende Haftpflichtversicherer als Bevollmächtigter des Versicherungsnehmers den Vergleichsvertrag abschließen. Bei Minderjährigen ist der Vergleich von beiden Erziehungsberechtigten zu genehmigen, bei nichtehelichen Kindern von der Mutter bzw. von beiden Elternteilen und bei Geschiedenen bzw. getrennt Lebenden vom Sorgeberechtigten. Sofern ein Vormund bzw. Pfleger bestellt ist, ist für einen Vergleich über 3.000 EUR die familiengerichtliche bzw. betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich. Bei Schwerverletzten mit Hirnschäden muss auch immer die Gefahr einer Geschäftsunfähigkeit nach §§ 104 Nr. 2, 105 BGB bedacht und die Erforderlichkeit einer Pflegschaft geprüft werden. Der Pfleger wirkt dann beim Vergleichsabschluss mit, das Betreuungsgericht muss den Vergleich genehmigen. Sofern Bedenken hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit eines Schwerverletzten bestehen, sollte der Vergleich auch vom Rechtsanwalt des Schadensersatzberechtigten mit unterzeichnet werden. Durch den Abfindungsvergleich werden zumeist die gesamten Schadensersatzansprüche für Vergangenheit und Zukunft aus dem Haftpflichtschaden abgegolten. Häufig enthält der Vergleich auch einen Verzicht auf alle Ansprüche gegen jeden weiteren gesamtschuldnerisch haftenden Dritten. Dadurch soll verhindert werden, dass der regulierende Haftpflichtige nach Zahlung der Abfindungssumme mit Ausgleichsansprüchen Dritter konfrontiert wird.
Grundsätzlich wirkt der Vergleich nur zwischen den Vertragsparteien. Übergegangene Ansprüche kann der Geschädigte nicht geltend machen und sie können daher auch nicht in einen Vergleich einbezogen werden. Insofern ist grundsätzlich bei Abschluss eines Vertrags zu berücksichtigen, dass die auf Sozialversicherungs- bzw. Sozialhilfeträger oder andere Drittleistungsträger übergegangenen Ansprüche vom Vergleich ausgenommen sind.