Dr. Alexandra Jorzig, Ilse Dautert
Rz. 50
Um eine Schadensersatzpflicht auszulösen, muss der Behandlungsfehler kausal für den eingetretenen Schaden sein. Die Beweislast liegt hier regelmäßig beim Patienten. Zu unterscheiden ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität. Die haftungsbegründende Kausalität betrifft zunächst die Verletzung des geschützten Rechtsguts i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB. Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden ist mit den hohen Anforderungen des § 286 ZPO festzustellen. In diesem Sinne muss die Kausalität zur sicheren und vollen Überzeugung des Tatrichters vorliegen Dies ist dann der Fall, wenn keinerlei Zweifel verbleiben, ohne sie jedoch völlig ausschließen zu können. Besteht die vorwerfbare Pflichtverletzung in einem Unterlassen, ist der hypothetische Verlauf maßgeblich. Da dieser hypothetische Verlauf gerade in der Arzthaftung häufig nicht eindeutig beantwortet werden kann, führt dies dazu, dass dann der Anspruchssteller beweisfällig bleibt. Bezüglich der sonstigen Schäden wie Gesundheits- und Vermögensschäden gilt die Beweisregel des § 287 ZPO.
Gleiches gilt für die Kausalität bei einem Aufklärungsfehler: Im Falle eines vorwerfbaren Aufklärungsfehlers ist der Patient ausnahmslos gehalten, die Kausalität mit einem geltend gemachten Schaden zu beweisen. Ist fraglich, ob eine zum Primärschaden zu zählende Komplikation des Eingriffs Folge des Grundleidens oder unbekannter Ursache ist, so scheidet diese wegen der Beweismaßanforderung des § 286 ZPO aus dem Haftungsvolumen aus. Verifiziert sich ein Risiko, über das der Patient zuvor aufgeklärt wurde, während er gleichzeitig auf ein anderes aufklärungspflichtiges Risiko nicht hingewiesen wurde, mangelt es an der Kausalität. Allerdings setzt dies voraus, dass der Patient zumindest über den allgemeinen Schweregrad des Eingriffs informiert war. Für Sekundärschäden, die auf Aufklärungsfehler zurückzuführen sind, gilt ebenfalls § 287 ZPO. Zu der haftungsausfüllenden Kausalität reicht eine deutlich überwiegende, auf sicherer Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit.
Gerade in der Arzthaftung spielt auch die sog. Mitverursachung eine große Rolle. Es ist nicht erforderlich, dass die Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes alleinige oder weitaus überwiegende Ursache des geltend gemachten Schadens ist. Die Mitursächlichkeit steht der Alleinursächlichkeit haftungsrechtlich in vollem Umfang gleich und führt zur Haftung. Dies bedeutet, dass die Mitursächlichkeit eines schuldhaften Behandlungsfehlers zu einer Zurechnung des gesamten Schadens führt. Hiervon abzugrenzen sind lediglich anderweitig verursachte Schäden. Liegt eine Mitverursachung vor, so ist darauf zu achten, ob eine Abgrenzbarkeit möglich ist und somit der Schaden eventuell auf eine Grunderkrankung zurückzuführen ist.
Um den Vorschaden von einem ersatzpflichtigen Schaden abgrenzen zu können, genügt das Beweismaß des § 287 ZPO. Allein deshalb sind die Krankenblattaufzeichnungen der Vor- und Nachbehandler außerordentlich wichtig, da diese Aufschluss über eventuelle Grunderkrankungen, d.h. Vorschäden, geben können.
Handeln mehrere Ärzte hintereinander und sind die dann eingetretenen Schäden nicht völlig unabhängig voneinander, so besteht zwischen den einzelnen Handlungen in der Regel ein Zurechnungszusammenhang. Der erstbehandelnde Arzt hat grundsätzlich für alle Schadensfolgen aufzukommen. Die Kausalkette wird nur äußerst selten unterbrochen, so z.B. bei völlig außergewöhnlichen Behandlungsfehlern des nachbehandelnden Arztes.