Rz. 64

Als Behandlungsfehler können Dokumentationsmängel nur dann eine Haftung auslösen, wenn infolgedessen eine falsche Therapie, z.B. eine Übertherapie, durchgeführt wird. Entsprechendes gilt für den Fall, dass Unterlagen zu früh vernichtet werden. Gelegentlich können Dokumentationslücken den Beginn der Verjährung hinausschieben, z.B. dann, wenn gerade die Dokumentationslücke entscheidend für die Kenntnis des Patienten ist.

In jeden Fall sind Dokumentationsmängel kein eigenständiger Anknüpfungspunkt für eine vertragliche und/oder deliktische Haftung.[208] Dokumentationsmängel bzw. -lücken haben aber beweisrechtliche Konsequenzen: Fehlt es an der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme, kann unterstellt werden, dass diese Maßnahme tatsächlich nicht durchgeführt worden ist.[209]

Stellt das Unterlassen der (aufzeichnungspflichtigen) Maßnahme einen groben Behandlungsfehler dar, kann ein Dokumentationsmangel (mittelbar) sogar zur Beweislastumkehr führen. Den Vorwurf, eine bestimmte (aufzeichnungspflichtige) Maßnahme sei unterblieben, kann der Arzt im Prozess durch Zeugenbeweis entkräften. Das gilt auch für ein nicht aufgezeichnetes Aufklärungsgespräch.

[208] BGH NJW 1993, 2375; BGH NJW 1988, 2949; OLG Dresden v. 2.5.2018 – 4 U 510/18.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?