Rz. 10

Im Krankenhausrecht kommt neben den Vorschriften der §§ 823 ff. BGB auch eine deliktische Haftung nach §§ 89, 31 BGB in Betracht. Demnach haften Körperschaften, also auch Krankenhäuser, für Schäden, die von ihren Organen, d.h. von ihrem Vorstand oder anderen verfassungsmäßig berufenen Vertretern in Ausführung der ihnen zustehenden Verrichtung, begangen worden sind. Nach diesen Vorschriften haften juristische Personen ohne die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises für einen Schaden aus unerlaubter Handlung, die das Organ in Ausführung seiner Verrichtungen einem Dritten zufügt. Zu den Organen eines Krankenhauses zählen die Vertreter des Krankenhausträgers (wie z.B. der Kirchenvorstand, das Kuratorium, der Rat oder der Kreistag bzw. der Geschäftsführer), der Verwaltungsleiter[61] und Chefärzte, die eigenverantwortlich und weisungsfrei die ihnen unterstellte Abteilung des Krankenhauses leiten.[62] Leitende Krankenhausärzte sind, da sie im Regelfall in ihrem medizinischen Bereich völlig weisungsfrei arbeiten, ebenfalls als Organe einzustufen.[63]

Beim totalen Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag ist der zur Liquidation berechtigte Arzt, auch wenn er lediglich seine Pflichten aus dem Zusatzvertrag mit dem Patienten erfüllt, Organ i.S.d. § 31 BGB, da er zudem auch für das Krankenhaus tätig wird.[64] Handelt es sich um einen gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag, haftet der Krankenhausträger für das Organ, also in der Regel für den Chefarzt, nur soweit, als es sich um die ärztliche Behandlung im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistung handelt.[65] Für Handlungen des Chefarztes, die mit dem Zusatzvertrag über Wahlleistungen im Zusammenhang stehen, haftet der Krankenhausträger nicht, da der Chefarzt lediglich seine eigene Verpflichtung aus seinem Vertrag mit dem Patienten erfüllt.[66]

Ebenso verhält es sich bei Belegärzten und Beleghebammen. Auch diese sind selbstständig im Krankenhaus tätig und keine Organe des Krankenhausträgers, so dass eine Organhaftung ausscheidet.[67]

[61] Rehborn, S. 185.
[62] OLG Brandenburg NJW-RR 2000,398, 399; Frahm/Nixdorf, Rn 53.
[63] BGH NJW 1985, 677; BGHZ 101, 215; BGHZ 77, 74; OLG Zweibrücken NJW-RR 2009, 1110.
[64] BGHZ 95, 63.
[65] BGHZ 85, 393; BAG GesR 2010, 23, 25: Allerdings hat der Chefarzt einen Freistellungsanspruch gegen den Krankenhausträger gem. § 70 BAT, wenn dieser wirksam in das Dienstverhältnis einbezogen wurde und eine Inanspruchnahme durch den Geschädigten erfolgt.
[66] BGH VersR 1983, 852, 854; Spickhoff, VersR 1998, 1189, 1195.
[67] OLG Koblenz MedR 1990, 155; Deutsch, NJW 2000, 1745, 1747.

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