I. Grundsatz

 

Rz. 65

Arbeitsteilungen innerhalb einer Ehe oder Lebensgemeinschaft sind bei einem Zusammenleben nicht wegzudenken. Rechtliche Auseinandersetzungen nach Trennung erwachsen daraus nicht – ebenso wie die Aufteilung der Lasten für die Lebenshaltungskosten nicht vorgenommen und zurückgefordert werden können.

 

Rz. 66

Eine andere rechtliche Beurteilung besteht jedoch dann, wenn die Arbeitsleistung des einen Ehegatten zu einer Vermögensmehrung bei dem anderen Ehegatten geführt hat und bei Trennung noch vorhanden ist. Arbeitsleistungen können zum einen in ein im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehendes Grundstück (Wohnhaus) geflossen sein oder auch durch nicht vergütete Mitarbeit im Betrieb des anderen entstehen.

 

Rz. 67

Sofern aufgrund mangelndem Rechtsbindungswillen weder ein Arbeitsvertrag noch eine Innengesellschaft angenommen werden, sind die Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bei unbenannten Zuwendungen zunächst ebenfalls nicht direkt anzuwenden, da nur Vermögenssubstanz zugewendet werden kann, nicht aber Arbeitsleistung.[45]

 

Rz. 68

Der BGH nimmt bei solchen Ansprüchen aus Arbeitsleistung, die, wären sie als materielle Vermögensleistungen unbenannte Zuwendungen, bei erheblicher Bedeutung und vorhandener Wertsteigerung, Rückgriff auf einen familienrechtlichen Vertrag besonderer Art (sog. Kooperationsvertrag).[46]

Diese Annahme ist zwingend, da ohne vertragliche Vereinbarung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht vorliegen könnte.

 

Rz. 69

Sollte bei der Schaffung von Familienvermögens, also von Vermögensgegenständen im Eigentum eines Ehegatten, das weit über die zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, hingegen mit ausgesprochenem Rechtsbindungswillen eine Ehegatteninnengesellschaft angenommen werden können, ist diese jedoch gegenüber sonstigen Ansprüchen vorrangig.[47]

[45] BGH FamRZ 1982, 910 (Wohnhaus); BGH FamRZ 1994, 1167 (Mitarbeit im Betrieb)
[46] BGH FamRZ 2008, 1822 (nichteheliche Lebensgemeinschaft).
[47] BGH FamRZ 1999, 1580 (mehrere Grundstücke).

II. Fallgestaltungen

1. Arbeitsleistung zur Schaffung eines "Familienheimes"

 

Rz. 70

Nicht untypisch ist die Ausgangslage zur Begründung eines familienrechtlichen Vertrages.

 

Beispiel

Die Ehefrau erwarb – auch mit Mitteln des Ehemannes – ein Grundstück und baute das Haus um. Die Ehefrau steuerte hierzu die Baumaterialien bei, der Ehemann beteiligte sich am Umbau in erheblichem Umfang mit seiner Arbeitsleistung. Kurz nach Trennung der Parteien, die im Güterstand der Gütertrennung lebten, wurde das Haus fertiggestellt und die Ehefrau zog mit den Kindern ein.

Da keine Zuwendung von materieller Vermögenssubstanz vorlag, war das Rechtsinstitut der unbenannten Zuwendung nicht anzuwenden. Die Ausgleichsregelung erfolgte jedoch über die Annahme eines konkludent geschlossenen familienrechtlichen Vertrages. Die Geschäftsgrundlage sei durch das Scheitern der Ehe weggefallen.[48]

[48] BGH FamRZ 1982, 910.

2. Mitarbeit im Betrieb

 

Rz. 71

Ausgangspunkt war eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1994. Für die Ehe war Gütertrennung vereinbart. Die Ehefrau hatte den Haushalt mit drei Kindern allein versorgt und zudem in dem von dem Ehemann ererbten und erfolgreich weitergeführten Baumschulenbetrieb mitgearbeitet. Der Wertzuwachs des Betriebs lag vor allem an Grundstückszukäufen.[49]

 

Rz. 72

Die Arbeitsleistung der Ehefrau war begrifflich keine unbenannte Zuwendung, stellte sich aber wirtschaftlich betrachtet als geldwerte Leistung dar, wie bei einer Übertragung von Vermögenssubstanz.

Wenn die erbrachten Arbeitsleistungen über die im Rahmen der Unterhaltspflicht oder der Verpflichtung zur ehelichen Beistandsleistung weit hinausgehen, ist die Annahme eines konkludenten Abschlusses eines familienrechtlichen Vertrages gerechtfertigt. Die Geschäftsgrundlage ist mit dem Scheitern der Ehe entfallen.

 

Rz. 73

Für die Annahme eines familienrechtlichen Vertrages wird verlangt, dass die Mitarbeit in dem Betrieb eine gewisse Dauer und Regelmäßigkeit aufweist und dadurch die Beschäftigung eines anderen Arbeitnehmers ersetzt wird. Auf die Art der Tätigkeit soll es für die Annahme des rechtsgeschäftlichen Willens hingegen nicht ankommen.

[49] BGH FamRZ 1994, 1167.

III. Ausgleichskriterien

 

Rz. 74

Für die Mitarbeit im Betrieb oder die Erbringung von Arbeitsleistungen zur Schaffung eines Vermögensgegenstandes im Eigentum des anderen Ehegatten werden die gleichen Wertungen zur Zumutbarkeit und Höhe des Ausgleichsanspruchs vorgenommen. Insbesondere kommt es auf die Dauer der Ehe, das Alter der Ehegatten, die Einkommensverhältnisse, den Umfang und die Werthaltigkeit der erbrachten Leistungen sowie die Höhe der erbrachten und noch vorhandenen Vermögenssteigerungen an.

Der Höhe nach ist eine Begrenzung auf den Wert der ersparten Arbeitsleistung und den Wert der noch vorhandenen Wertsteigerung vorzunehmen.[50]

[50] BGH FamRZ 1994, 1167; BGH FamRZ 2008, 1822 (nichteheliche Lebensgemeinschaft).

IV. Nichteheliche Lebensgemeinschaft

1. Wegfall der Geschäftsgrundlage

 

Rz. 75

Nachdem nunmehr eine weitgehende Annäherung der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer unbenannten Zuwendung bei Gütertrennung und nichtehelicher Lebensgemeinschaft erfolgt ist, wird dies in weiteren Ent...

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