Rz. 130

Schwierigkeiten ergeben sich ebenfalls bei der Qualifizierung des Geschäftsführers einer GmbH.[108]

 

Rz. 131

Ob im Falle einer Entgeltlichkeit der Anstellungsvertrag materiell-rechtlich auch ein Arbeitsvertrag, der Geschäftsführer also Arbeitnehmer sein kann, ist umstritten. Der BGH verneinte dies bisher in ständiger Rechtsprechung mit der Begründung, der Geschäftsführer nehme als Vertretungsorgan der Gesellschaft Arbeitgeberfunktion wahr.[109] Das BAG vertritt dagegen die Auffassung, dass der GmbH-Geschäftsführer auch Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person sein kann.[110]

 

Rz. 132

 

Beispiel

Wird der Geschäftsführer außerhalb seiner organschaftlichen Tätigkeit für die GmbH im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig (z.B. als Buchhalter nach seiner Dienstzeit), so kann er jedenfalls in diesem Arbeitsverhältnis, das von der Geschäftsführertätigkeit getrennt zu sehen ist, ausnahmsweise als Arbeitnehmer angesehen werden.[111]

 

Rz. 133

Verfügt ein GmbH-Geschäftsführer weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität, gilt er nach der Auffassung des BSG immer dann als abhängig Beschäftigter, wenn seine Tätigkeit der Kontrolle der Gesellschafter unterliegt und diese ihre Gesellschafterrechte auch tatsächlich ausüben. Aus diesem Grund ist die Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft gem. § 7 SGB IV auch auf Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH anzuwenden und es besteht für sie dann Anspruch auf Insolvenzgeld.[112]

 

Rz. 134

Maßgebend für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers vorliegt, sind in erster Linie der Umfang seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der Grad der persönlichen Abhängigkeit. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung.[113]

 

Rz. 135

Bei einem Fremd-Geschäftsführer wird eine persönliche Abhängigkeit grundsätzlich immer zu bejahen sein, so dass er als Arbeitnehmer der Gesellschaft anzusehen ist.[114] Nach der sozialversicherungsrechtlichen Rechtsprechung sind aber auch in solchen Fallgestaltungen wiederum Ausnahmen möglich.[115]

 

Rz. 136

Der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer ist mit seinen Versorgungsansprüchen nach §§ 1 Abs. 1, 7, 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG zumindest dann insolvenzgeschützt, wenn er bei der Führung des Unternehmens nach der Stimmrechtsverteilungsregelung des Gesellschaftsvertrages keine rechtliche Möglichkeit zur Ausübung beherrschenden Einflusses hat.[116] Seit der geänderten Rechtsprechung des BSG (Stichwort; "Schönwetter-Selbstständigkeit") kommt es insoweit ausschließlich noch darauf an, ob der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer gemäß der Satzung der GmbH eine absolute Sperrminorität hinsichtlich jeglicher ihm unangenehmer Weisungen hat.[117]

 

Rz. 137

In der Praxis offen ist die alte Grundsatzfrage, ob bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer maßgebliche Beteiligung und Leitungsmacht zusammenkommen müssen, damit er nicht unter das Betriebsrentengesetz fällt.[118]

 

Rz. 138

 

Hinweis

Wann – ab welchem Lebensalter des Geschäftsführers – eine Betriebsrente gezahlt werden muss, hängt allein vom Versorgungsvertrag ab. Das Betriebsrentengesetz enthält dazu keine entscheidungsrelevanten Regelungen.[119] Nach der steuerrechtlichen Rechtsprechung sind insoweit aber strenge Voraussetzungen für die Anerkennungsfähigkeit der Pensionszusagen zu beachten.

 

Rz. 139

Wird ein Angestellter der KG zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH bestellt, so wandelt sich sein Arbeitsverhältnis zur KG in ein freies Dienstverhältnis um. Etwas anderes gilt, wenn die vertragliche Gestaltung eine für den Geschäftsführer außergewöhnliche Einengung seiner Befugnisse enthält, so dass ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt.[120] Der Geschäftsführer der Komplementär GmbH einer GmbH & Co. KG ist kein Arbeitnehmer der KG, wenn er zugleich Gesellschafter der KG oder der GmbH ist und nach seiner Kapitalbeteiligung einen so erheblichen Einfluss auf die Beschlussfassung in der Gesellschafter-Versammlung hat, dass er ihm unangenehme Entscheidung verhindern kann.

[108] Vgl. zu dieser Frage insbesondere: Hueck, ZfA 1985, 25; Schwab, NZA 1987, 839; Arteaga, ZIP 1996, 2008.
[109] BGH v. 25.9.1989 – II ZR 259/88, ZIP 1989, 1418, dazu EWiR 1989, 1161 (Groß); der BGH hat diese Rechtsprechung später eingeschränkt: BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, ZIP 1997, 1351, dazu EWiR 1997, 999 (Blomeyer) und Goette, ZIP 1997, 1317.
[110] BAG v. 21.8.1990 – 3 AZR 429/89, BAGE 66, 1, 5, dazu EWiR 1992, 11 (Wank).
[111] BAG v. 27.10.1960 – 5 AZR 578/59, AP Nr. 14 zu § 5 ArbGG 1953.
[112] BSG v. 4.7.2007 – 11a AL 5/06 R, ZIP 2007, 2185; siehe auch schon BSG v. 25.1.2006 – B 12 KR 30/04 R, ZIP 2006, 678.
[114] Arens, Familiengesellschaften, § 5 S. 253 f.
[115] Vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Straub, BB 1992, 1087; Arens, Familiengesellschaften, § 5 S. 253 f.; Arteaga, ZIP 1998, 276; Lang...

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