Dr. iur. Robert Bauer, Dr. iur. Oliver Bertram
a) Verbot der Kettenüberlassung, § 16 Abs. 1 Nr. 1b AÜG
Rz. 427
§ 16 Abs. 1 Nr. 1b AÜG adressiert sowohl Verleiher (genauer den weiterverleihenden Entleiher) als auch dessen Entleiher (den Folge-Entleiher). Nicht erfasst ist dagegen der "Erst-Verleiher", zu dem der Leiharbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis steht. Nach der Regelung handelt ordnungswidrig, wer einen Leiharbeitnehmer überlässt oder tätig werden lässt, der in keinem Arbeitsverhältnis zum Verleiher steht. Hiermit wird das nun erstmals in § 1 Abs. 1 S. 3 AÜG gesetzlich verankerte Verbot der sogenannten Kettenüberlassung sanktioniert (siehe im Einzelnen Rdn 32 ff.). Zwar war es seit jeher Rechtsauffassung der Bundesagentur für Arbeit, dass eine Kettenüberlassung unzulässig ist. Da sich jedoch bislang keine gesetzliche Regelung hierzu fand, konnte die Bundesagentur Verstöße gegen eine Kettenüberlassung auch nahezu nicht sanktionieren.
Nunmehr ist in § 1 Abs. 1 S. 3 AÜG ausdrücklich vorgesehen, dass die Überlassung von Arbeitnehmern zukünftig nur dann zulässig ist, wenn zwischen dem überlassenen Unternehmen und dem jeweiligen Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis besteht.
Ein Verstoß hiergegen wird mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 EUR je Einzelfall sanktioniert. Zuständige Kontrollbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit.
b) Verstoß gegen die Offenlegungspflicht, § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG
Rz. 428
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG ist es – für Verleiher wie Entleiher – bußgeldbewehrt, wenn die Überlassung der Leiharbeitnehmer nicht ausdrücklich in dem Vertrag zwischen Entleiher und Verleiher als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet ist, bevor der Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig wird (siehe im Einzelnen zur Offenlegungspflicht Rdn 190 ff.). Ziel des Gesetzgebers ist es, hierdurch sogenannte Vorrats- oder Absicherungs-Arbeitnehmerüberlassungserlaubnisse auszuhebeln. Damit ist es nun nicht mehr, wie nach der bis 31.3.2017 geltenden Rechtslage, möglich, einen Scheinwerk- bzw. Scheindienstvertrag in eine Arbeitnehmerüberlassung unter gleichzeitiger Berufung auf eine dem Auftragnehmer (vorsorglich) erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung umzudeuten. Auf eine rechtmäßige, da von einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gedeckte Arbeitnehmerüberlassung, sollen sich die Vertragsparteien nur dann berufen können, wenn sie den Vertrag im Vorfeld ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung deklariert haben.
Hiervon betroffen sind insbesondere Mitarbeiter von Dienstleistern, die in die Betriebsabläufe des Kunden stark integriert sind, ohne dass die Vertragsparteien dies bislang als Arbeitnehmerüberlassung qualifiziert haben bzw. als solche qualifizieren wollten. Vielfach verfügten bislang IT-Dienstleister, Engineering-Unternehmen, Caterer oder Promotion-Agenturen über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis für den Fall, dass eine zwischen ihnen und ihrem jeweiligen Kunden praktizierte Vertragsbeziehung zu einer Arbeitnehmerüberlassung umgedeutet wird. Für einen solchen Fall war der Kunde bis zum Inkrafttreten des neuen AÜG durch diese Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vor etwaigen ihn treffenden Rechtsfolgen geschützt. Dies wird durch die Offenlegungspflicht nunmehr verhindert.
Ein Verstoß gegen § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG wird nicht durch die Festhaltenserklärung des Leiharbeitnehmers nach § 9 Abs. 2 AÜG "geheilt".
Verstöße gegen § 16 Abs. 1 Nr. 1c AÜG werden mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 EUR geahndet. Zuständige Verwaltungsbehörden sind die Behörden der Zollverwaltung (vgl. § 16 Abs. 3 AÜG).