Dr. iur. Robert Bauer, Dr. iur. Oliver Bertram
a) Bestehen einer tariflichen Öffnungsklausel
Rz. 133
Die Tarifvertragsparteien brauchen abweichende Regelungen nicht selbst zu treffen. Nach § 1 Abs. 1b S. 5 AÜG können sie auch vereinbaren, dass Abweichungen von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer von den Betriebsparteien in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung – nicht jedoch einer Regelungsabsprache (hierzu oben Rdn 125) – geregelt werden. Die Tarifvertragsparteien können die Abweichungsmöglichkeiten vollständig auf die Betriebsparteien delegieren oder bestimmte Eckpunkte für die betrieblichen Regelungen vorgeben. Der Umfang der Abweichungsmöglichkeit sollte insoweit klar und eindeutig im Tarifvertrag geregelt werden, um Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden. Die Tarifvertragsparteien können allerdings nicht mehr Abweichungsmöglichkeiten delegieren, als ihnen selbst zustehen. Auch Betriebsvereinbarungen aufgrund einer tariflichen Öffnungsklausel haben daher eine Obergrenze für die ÜberlaRdn 110 f.ssungsdauer vorzusehen (hierzu oben ). Eine zeitliche Beschränkung der Abweichungsmöglichkeit besteht hingegen nur für tarifungebundene Entleiher (hierzu unten Rdn 135).
Rz. 134
Wie bei Betriebsvereinbarungen im Sinne des § 1 Abs. 1b S. 4 AÜG dürfte auch bei Bestehen einer tariflichen Öffnungsklausel zweifelhaft sein, ob eine Betriebsvereinbarung über die Einigungsstelle erzwungen werden kann (hierzu oben Rdn 125). Hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs gelten zunächst die allgemeinen Grundsätze, d.h. die Betriebsvereinbarungen enden durch Kündigung oder Zeitablauf. Da die Betriebsvereinbarung nur aufgrund eines Tarifvertrags abweichende Regelungen vorsehen kann, treten die abweichenden Regelungen darüber hinaus außer Kraft, wenn der zugrunde liegende Tarifvertrag endet und nicht nachwirkt (vgl. zur Frage der Nachwirkung oben Rdn 115 ff., 122). In einem solchen Fall enden grundsätzlich auch alle mit der Abweichung von der Überlassungshöchstdauer im Zusammenhang stehenden Regelungen (z.B. Einsatzquoten, Übernahmeregelungen etc.), wenn sich nicht klar und eindeutig ergibt, dass die sonstigen Regelungen unabhängig von den Regelungen zur Abweichung von der Überlassungshöchstdauer Bestand haben sollen.
b) Zeitliche Beschränkung bei tarifungebundenen Entleihern
Rz. 135
Nach § 1 Abs. 1b S. 6 AÜG können auch nicht tarifgebundene Entleiher von einer tariflichen Öffnungsklausel Gebrauch machen. Sie sind also nicht auf die inhaltsgleiche Übernahme der tariflichen Regelungen nach § 1 Abs. 1b S. 4 AÜG beschränkt, sondern können ebenfalls im Rahmen der tariflichen Öffnungsklausel abweichende Regelungen durch Betriebsvereinbarung treffen. Insoweit gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie für die Abweichungsmöglichkeit tarifgebundener Entleiher. Im Unterschied zu tarifgebundenen Entleihern ist die Verlängerung der Überlassungsdauer allerdings auf 24 Monate beschränkt, wenn der Tarifvertrag keine abweichende Regelung zur Abweichung von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer für Betriebsvereinbarungen festlegt. Durch diese zeitliche Beschränkung der Abweichungsmöglichkeit für tarifungebundene Entleiher soll nach den Gesetzesmaterialien ein "Anreiz zur Tarifbindung gesetzt" werden. Ob eine derartige Schlechterstellung nicht tarifgebundener Entleiher unter dem Gesichtspunkt der negativen Koalitionsfreiheit zulässig ist, ist zweifelhaft. Dies wird letztlich das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.
c) Übersicht: Abweichung durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung
Rz. 136