Dr. iur. Robert Bauer, Dr. iur. Oliver Bertram
Rz. 24
Durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz wurde der Einsatz von Fremdpersonal in der Fleischwirtschaft erheblich eingeschränkt. Anlass war die Covid-19-Pandemie, die zu Infektionsausbrüchen in fleischverarbeitenden Betrieben, insbesondere aufgrund von schlechten Arbeits- und Unterkunftsbedingungen des Fremdpersonals, geführt hat. Nach dem neu eingeführten § 6a Abs. 2 S. 1 und 2 GSA Fleisch dürfen Unternehmer seit dem 1.1.2021 grundsätzlich nur noch eigene Arbeitnehmer tätig werden lassen, was zur Folge hat, dass der Einsatz von Werkunternehmern und Selbstständigen prinzipiell ausgeschlossen ist. Ab dem 1.4.2021 gilt das Verbot auch für die Arbeitnehmerüberlassung (§ 6a Abs. 2 S. 3 GSA Fleisch). Für einen Übergangszeitraum bis zum 31.3.2024 kann in einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche die Leiharbeit bei einem tarifgebundenen Entleiher im Bereich der Fleischverarbeitung unter den engen Voraussetzungen des § 6a Abs. 3 GSA Fleisch zugelassen werden. Nach dem 1.4.2024 besteht ein vollständiges Verbot des Einsatzes von Fremdpersonal. Dieses Direktanstellungsgebot gilt nur im Bereich der Schlachtung (einschließlich der Zerlegung von Schlachtkörpern) sowie im Bereich der Fleischverarbeitung und damit im Kernbereich der Fleischwirtschaft.
Ob das Ziel des § 6a GSA Fleisch, die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Fleischwirtschaft durch das Verbot des Fremdpersonaleinsatzes zu verbessern, erreicht wurde, soll die im Jahr 2023 vorgesehene Evaluation zeigen (§ 8 GSA Fleisch).
Rz. 25
Aktuell wird ein Verbot der Leiharbeit im Bereich der Pflege diskutiert. Dieses soll sich am Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe gem. § 1b AÜG orientieren. Einen Vorstoß wagte der Berliner Senat im Februar 2020, als er beschloss, einen Entschließungsantrag zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege im Krankenhaus und in Pflegeeinrichtungen in den Bundesrat einzubringen. Der Antrag zielt darauf ab, entsprechende Änderungen in das AÜG aufzunehmen. Der Entschließungsantrag wurde am 13.3.2020 ohne Aussprache dem Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik und dem Gesundheitsausschuss zur Beratung zugewiesen. Die weitere politische Entwicklung bleibt abzuwarten.
Rz. 26
Problematisch ist, ob das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Bereich der Fleischwirtschaft – und wie es auch für die Pflege diskutiert wird – verfassungskonform ist. Im Raum steht ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG der Fleischunternehmen, aber auch Verleiher und Leiharbeitnehmer. In diesem Zusammenhang wird regelmäßig die Verfassungsmäßigkeit des Verbots der Arbeitnehmerüberlassung in der Bauwirtschaft nach § 1b AÜG angeführt. Im arbeitsrechtlichen Schrifttum wird nunmehr größtenteils bezweifelt, dass das Verbot der Arbeitnehmerüberlassung mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Argumentiert wird mit dem Schutzstandard des AÜG, insbesondere hinsichtlich des Gleichstellungsgebots aus § 8 Abs. 1 S. 1 AÜG.
Aktuell sind mehrere Verfassungsbeschwerden am BVerfG anhängig, die sich gegen das Verbot des Fremdpersonaleinsatzes in der Fleischwirtschaft richten. Bis zu einer Entscheidung des BVerfG bleibt die Verfassungsmäßigkeit des Verbots offen.