Rz. 24
Gem. § 633 Abs. 1 BGB hat der Bauträger den Erwerbern das Werk frei von Sachmängeln zu verschaffen. Der Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der gekauften Wohnung (Auflassung) wurde oben (→ § 5 Rdn 4) schon erörtert. In diesem Abschnitt geht es um die Mängel. Was unter einem (Sach- bzw. Bau-)Mangel zu verstehen ist, ergibt sich aus § 633 Abs. 2 BGB: "Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln, 1. wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst 2. für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann." Somit stellt eine von der Baubeschreibung (= vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung) abweichende Bauausführung einen Mangel dar. Aber die Baubeschreibung allein ist nicht entscheidend, denn sie kann niemals abschließend sein. Viele Ausführungsdetails sind in einer Baubeschreibung nicht erwähnt oder genau beschrieben. Daraus, dass ein bestimmtes Ausführungsdetail nicht erwähnt ist, kann nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass es nicht geschuldet ist. Vielmehr gilt gem. §§ 650k Abs. 2, 650u Abs. 1 S. 2 BGB Folgendes: "Soweit die Baubeschreibung unvollständig oder unklar ist, ist der Vertrag unter Berücksichtigung sämtlicher vertragsbegleitender Umstände, insbesondere des Komfort- und Qualitätsstandards nach der übrigen Leistungsbeschreibung, auszulegen. Zweifel bei der Auslegung des Vertrags bezüglich der vom Unternehmer geschuldeten Leistung gehen zu dessen Lasten." Entspricht das Bauwerk nicht dem nach dieser Maßgabe ermittelten Qualitäts- und Komfortstandard, kann der Erwerber auch die Ausführung nicht näher beschriebener Details in diesem Standard verlangen und muss sich nicht mit einem Mindeststandard zufriedengeben. Es stellt auch einen Mangel dar, wenn Bauteile (z.B. Rollläden, Tiefgaragenboden usw.) ungewöhnlich intensiver Wartung bedürfen; nachgereichte Pflegeanleitungen ändern daran nichts. Selbstverständlich kann ein Erwerber auch erwarten und verlangen, dass das Bauwerk zum maßgeblichen Zeitpunkt den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht und die einschlägigen Gesetze und die Vorgaben der Baugenehmigung einhält; ist das nicht der Fall, liegt ein Mangel vor. Die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik ist unabhängig davon geschuldet, ob öffentlich-rechtlich geringere Anforderungen an die Bauausführung gestellt werden; der Bauträger hat die sich in den allgemein anerkannten Regeln der Technik widerspiegelnden üblichen (höheren) Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen einzuhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Mangelfreiheit ist die Abnahme, im Falle der späteren Nachbesserung der Zeitpunkt der Nachbesserung.
Rz. 25
Ein Gewährleistungsausschluss ist auch im notariellen Individualvertrag unwirksam. Das gilt insbesondere für die früher gebräuchliche "Subsidiaritätsklausel" des Inhalts, dass der Bauträger erst haftet, wenn der Erwerber sich erfolglos bemüht hat, die ihm abgetretenen Gewährleistungsansprüche des Bauträgers gegen die anderen am Bau Beteiligten durchzusetzen. Unwirksam ist auch der Ausschluss der Rückabwicklung (→ § 5 Rdn 44).
Rz. 26
Man sollte meinen, dass ein Erwerber, dem eine mangelhafte oder unvollständige Leistung übergeben wurde, die in § 634 BGB aufgeführten Mängelrechte geltend machen kann. Der BGH hat aber (entgegen der früher h.M.) entschieden, dass Mängelrechte nicht ab Übergabe, sondern grundsätzlich erst nach der Abnahme geltend gemacht werden können. Nur der Anspruch auf "kleinen Schadensersatz" kann vor der Abnahme geltend gemacht werden; der Schadensersatzanspruch ist aber (abgesehen vom Anspruch auf Ersatz der Mangelfolgeschäden) praktisch bedeutungslos, weil damit nicht die Mangelbeseitigungskosten verlangt werden können (→ § 5 Rdn 72). Häufig zeigen sich erst (lange) nach der Übergabe einer Wohnung Mängel; und erst im Zuge der dann erfolgenden rechtlichen Prüfung stellt sich heraus, dass bislang keine wirksame Abnahme erfolgte. Die fehlende Abnahme ist für den Käufer einerseits (im Hinblick auf Beweislast und Verjährung) vorteilhaft; andererseits ist es für ihn ein Nachteil, dass er keine Mängelrechte (insbesondere keinen Kostenvorschussanspruch), sondern "nur" den ursprünglichen Erfüllungsanspruch geltend machen kann. Zum Glück (für den Käufer) wird der "Grundsatz" aber durch bedeutende Ausnahmen durchbrochen: Eine solche Ausnahme liegt insbesondere dann vor, wenn die Parteien aufgrund einer unwirksamen Abnahmeklausel (→ § 5 Rdn 20) irrtümlich von einer wirksamen Abnahme ausgingen; denn ein Bauträger, der mit der unwirksamen Abnahmeklausel den Eindruck erweckt, dass das Erfüllungsstadium aufgrund erfolgter Abnahme des Gemeinschaftseigentums beendet sei, muss als Verwender nach Treu und Glauben den Nachteil tragen, dass ...