Rz. 57
Für die Geltendmachung von Minderung und Schadensersatz (sekundäre Gewährleistungsrechte) ist nur die Wohnungseigentümergemeinschaft zuständig. Als Begründung wird angegeben, dass dann, wenn die Erfüllungsebene verlassen werden soll, die Mängelrechte zum Schutz des Bauträgers und der Miteigentümer koordiniert werden müssten.
Rz. 58
Beispiel
Die Trittschalldämmung in einer Wohnanlage mit 20 Einheiten ist mangelhaft. Die Gemeinschaft hat zu der Angelegenheit noch keinen Beschluss gefasst. Die 5 Wohnungseigentümer A – E verlangen vom Bauträger Minderung, die übrigen Mangelbeseitigung. – Die Geltendmachung von Minderung durch A – E ist unzulässig, eine Klage müsste mangels Prozessführungsbefugnis abgewiesen werden. Es kann nicht sein, dass der Bauträger den Wohnungseigentümern A – E Geld für den Minderwert der Wohnungen bezahlen und trotzdem die Mängel beseitigen muss. Die Entscheidung, ob die Erfüllungsebene verlassen werden soll, konkret: dass statt der Nacherfüllung Minderung oder (kleiner) Schadensersatz verlangt wird, ist der Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft vorbehalten. A – E müssten also zunächst einen Eigentümerbeschluss herbeiführen, der sie zur Geltendmachung der Minderung ermächtigt.
Rz. 59
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen, wenn die Interessen der Gemeinschaft an der Durchsetzung der gemeinschaftsbezogenen Ansprüche und die Interessen des Bauträgers an einer übersichtlichen Haftungslage nicht berührt sind. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein einzelner Erwerber seinen Vertrag (im Wege des großen Schadensersatzes oder des Rücktritts) rückabwickeln möchte; dafür ist er nicht auf die Mitwirkung der Gemeinschaft angewiesen (→ § 5 Rdn 45). Das Gleiche gilt für die Geltendmachung von Mangelfolgeschäden (z.B. Gutachterkosten). Im Übrigen hat der BGH einmal entschieden, dass ein Eigentümer dann, wenn ein nicht behebbarer Mangel sich ausschließlich in seinem Sondereigentum auswirke, eine Minderung auch ohne vorhergehende Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft geltend machen könne. So verhält es sich bspw., wenn ein Tiefgaragenstellplatz zu klein ausgefallen ist; oder wenn die WEG nur aus zwei Einheiten besteht (Doppelhaus) und der Bauträger das andere Mitglied der werdenden WEG ist. Es handelt sich aber um nicht verallgemeinerungsfähige Einzelfälle. Auch und insbesondere bauphysikalische Mängel (Schall-, Wärme-, Feuchtigkeits- und Brandschutz) betreffen grundsätzlich Gemeinschaftseigentum, weshalb die Mängelrechte gemeinschaftsbezogen sind. Dass solche Mängel sich häufig nicht in allen Wohnungen gleich stark auswirken und dass sich die Folgen je nach Fall durch Maßnahmen am Sondereigentum mildern lassen (Innendämmung, Vorsatzschalen), ändert an diesem Befund nichts (str.). Das gilt richtigerweise auch für den häufigen Mangel der unzureichenden Entlüftung einer Wohnung (Verstoß gegen § 13 GEG – ehem. § 6 EnEV – bzw. gegen DIN 1946–6), zumal die Mangelbeseitigung Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erfordert (z.B. Fenster mit automatischer Entlüftungsfunktion oder Einbau einer Lüftungsanlage, die zwangsläufig eine Öffnung in der Außenwand mit sich bringen). Dass ein Lüftungsgerät für sich betrachtet Sondereigentum ist (→ § 1 Rdn 67), steht dem nicht entgegen.
Rz. 60
Hat die Gemeinschaft im Wege der Minderung Geld vom Bauträger erhalten, gilt für die Mittelverwendung das Gleiche wie bei einem Vergleich (→ § 5 Rdn 54): Dem Bauträger gegenüber ist die Gemeinschaft in der Mittelverwendung frei; wohnungseigentumsrechtlich entspricht aber grundsätzlich nur die Mangelbeseitigung ordnungsmäßiger Verwaltung. Das Gesetz verlangt nun einmal die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums und sieht es nicht vor, dass die Miteigentümer gegen Zahlung einer Minderung mit Mängeln leben müssen. Zwar hat der BGH früher einmal entschieden, die Entscheidung über die Mittelverwendung stehe im Ermessen der Gemeinschaft, eine vom Bauträger gezahlte Minderung könne an die betroffenen Miteigentümer als Ausgleich für den Minderwert ihrer Wohnungen ausgezahlt werden; das ist aber überholt. Richtigerweise kann ein Beschluss, von der Mangelbeseitigung abzusehen, nur ausnahmsweise ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, z.B. in den oben (→ § 5 Rdn 54) schon erwähnten Fällen. Der BGH erwähnt auch den Fall, dass die Mangelbeseitigung technisch nicht möglich ist und der Minderungsbetrag für andere Maßnahmen eingesetzt wird, durch welche die Baumängel gelindert oder ausgeglichen werden; aber das kann nur ganz selten der Fall sein, denn es gibt kaum Mängel, die nicht beseitigt werden können. Bleibt ein Beschluss des Inhalts, eine vom Bauträger erlangte Zahlung als Ausgleich für die Mängel zu verteilen, unangefochten, beinhaltet das nach einer älteren – und hier abgelehnten – Judikatur den (endgültigen) Verzicht auf die Mangelbeseitigung.
Rz. 61
Beispiel
Der Schallschutz ist im Bereich der Haupttreppe eines Hauses mangelhaft. Die gemeinschaftlich geführte Klage auf Mängelbeseit...