Rz. 71
Die Gemeinschaft ist ihren Mitgliedern gegenüber zur Beseitigung der Baumängel verpflichtet (→ § 5 Rdn 63). Sie muss also darauf hinarbeiten, entweder die Mangelbeseitigung oder das dafür erforderliche Geld zu erlangen. Grundsätzlich sollte deshalb die Erfüllungsebene nicht verlassen und Mangelbeseitigung, Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung oder Aufwendungsersatz verlangt werden (allgemein zu diesen Mängelrechten → § 5 Rdn 24 ff.). Daneben kann und wird die Gemeinschaft selbstverständlich gem. § 280 BGB Ersatz der ihr entstandenen Mangelfolgeschäden (Rechtsverfolgungs- und Gutachterkosten (→ § 5 Rdn 69, 70), merkantiler Minderwert usw.) ersetzt verlangen.
Rz. 72
Wie oben dargestellt wurde (→ § 5 Rdn 57) kann die Gemeinschaft in Bezug auf Baumängel nach einer entsprechenden Beschlussfassung gem. §§ 634, 638, 280 BGB auch Minderung oder Schadensersatz geltend machen – theoretisch. Praktisch kommen diese Ansprüche kaum in Betracht. Der Schadensersatzanspruch ist faktisch bedeutungslos, seit der für das Bauträgerrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH entgegen seiner früheren jahrzehntelangen Rechtsprechung der Ansicht ist, dass als Schadensersatz im Regelfall nicht die (voraussichtlichen bzw. fiktiven) Mangelbeseitigungskosten geltend gemacht werden können, sondern nur die Verkehrsdifferenz (Differenz zwischen dem hypothetischen Wert des mangelfreien Bauwerks und dessen tatsächlichem Wert). Dieser Minderwert ist nicht sinnvoll zu ermitteln und liegt jedenfalls weit unter den Mangelbeseitigungskosten; damit ist der Gemeinschaft, die die Mängel beseitigen lassen muss, nicht gedient. Zuletzt relativierte der VII. Zivilsenat des BGH die von ihm eingeschlagene Linie allerdings wieder und erklärte, der Schaden könne eben doch "aus Gründen der Vereinfachung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten geschätzt werden, es sei denn diese Kosten überstiegen den Minderwert deutlich und spiegelten den Wertunterschied daher nicht mehr annähernd wider." Wenn der Schaden anhand der Mangelbeseitigungskosten geschätzt wird, sind nach dem Rechtsgedanken des § 249 Abs. 2 S. 2 nur die Nettokosten maßgeblich; die Umsatzsteuer ist nur zu ersetzen, wenn sie tatsächlich angefallen ist. Beim Mangelrecht der Minderung gilt das Gleiche wie beim Schadensersatz. War schon früher die Ermittlung des Minderungsbetrags schwierig und im Detail umstritten, ist das Ergebnis jetzt, da die Mangelbeseitigungskosten im Normalfall keine Rolle mehr spielen dürfen, noch unsicherer. Die Geltendmachung einer Minderung ist deshalb allenfalls dann eine Option, wenn die Mangelbeseitigung unmöglich ist (das wird z.B. bei dem nicht seltenen Mangel zu kleiner TG-Stellplätze oder einer zu engen Tiefgarageneinfahrt der Fall sein) oder wenn sie unverhältnismäßig sein sollte (was indes praktisch bzw. rechtlich fast nie der Fall ist, → § 5 Rdn 34). Sollte die Gemeinschaft sich doch einmal auf Schadensersatz oder Minderung eingelassen haben, ändert das nichts daran, dass sie den betreffenden Mangel grundsätzlich trotzdem beseitigen lassen muss (→ § 5 Rdn 60).
Rz. 73
Im Normalfall sollte die Gemeinschaft als erstes den Bauträger unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auffordern und erst anschließend die Rechte ausüben, die den Fristablauf voraussetzen. Zwingend ist die (nochmalige) Aufforderung und Fristsetzung allerdings nicht, sofern einzelne Miteigentümer den Bauträger bereits in Verzug gesetzt haben, da sich die Gemeinschaft richtigerweise auf die Fristsetzung einzelner Eigentümer stützen kann (→ § 5 Rdn 51). Falls die Gemeinschaft nach Fristablauf Mängel sogleich im Wege der Ersatzvornahme beseitigen ließ, kann sie vom Bauträger Aufwendungsersatz verlangen. Sicherer ist es aber, die Verantwortlichkeit des Bauträgers vor der eigenen Mangelbeseitigung gerichtlich zu klären. Die prozessualen Möglichkeiten werden nachfolgend dargestellt.
Rz. 74
Im Stadium nach der Abnahme ist die Kostenvorschussklage zu empfehlen. Im Stadium vor der Abnahme (demnach auch in den häufigen Fällen, in denen die Abnahme versucht wurde, aber unvollständig oder unwirksam ist) ist zunächst (als "Einstieg") einer Klage auf Erfüllung (durch Mangelbeseitigung) aus Beweislastgründen der Vorzug zu geben. Insbesondere ist die Nacherfüllungsklage günstiger als ein vorgelagertes Beweisverfahren. Denn im Zuge der Nacherfüllungsklage muss der Bauträger, der mangels Abnahme die Beweislast für die Mangelfreiheit trägt, die (meistens teure) Beweiserhebung vorfinanzieren, d.h. den Auslagenvorschuss für den gerichtlichen Sachverständigen bezahlen. Die Gemeinschaft muss nicht den sonst üblichen "Beweis durch Sachverständigengutachten" anbieten und sollte dies auch unterlassen, weil sie sonst – falls der Bauträger seinerseits kein Beweisangebot machen sollte – den Auslagenvorschuss doch aufbringen muss, obwohl sie nicht in der Beweislast ist. Die Gemeinschaft sollte zusätzlich beantragen, dass der gerichtlich beauftragte Sachverständige zwecks Streitwertermittlung eine ...