1. Begriff und Inhalt der Rechtsschutzversicherung
Rz. 4
Die Rechtsschutzversicherung ist eine Rechtskostenversicherung. Sie gewährt Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des Versicherungsnehmers und mitversicherter Personen gegen die Belastung mit notwendigen Rechtskosten.
2. Das Risiko/Wagnis in der Rechtsschutzversicherung
Rz. 5
In den ARB 2010 ist in § 1 ARB 2010 (wie auch schon in § 1 ARB 2008) unter dem Titel Aufgaben der Rechtsschutzversicherung abweichend von der früheren Definition nunmehr formuliert: "Der Versicherer erbringt die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers oder des Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz)." Diese Formulierung steht im Einklang mit der Vorschrift des § 125 VVG. Mit der Änderung der Formulierung "erbringt . Leistung" wird der Dienstleistungscharakter der Rechtsschutzversicherung stärker betont. § 5 Abs. 1 ARB 2010 lautet: "Der Versicherer erbringt und vermittelt Dienstleistungen zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen." Diese Formulierung ist auch zu sehen unter dem Aspekt der mehr und mehr verbreiteten anwaltlichen telefonischen Rechtsberatung, die auch als vermittelte Dienstleistung einzuordnen ist.
Soweit der Rechtsschutzvertrag nach ARB 75 oder nach ARB 94/2000 besteht, dürften sich hinsichtlich der Leistungsvoraussetzungen und zum Leistungsumfang Änderungen aufgrund der Neudefinition in § 1 ARB 2008 sowie ARB 2010 nicht ergeben.
3. Die "Sorgeleistung" der Rechtsschutzversicherung
Rz. 6
Während in § 1 ARB 94/2000 (und ebenso auch im § 1 ARB 75) festgelegt ist, dass die Rechtsschutzversicherung dafür "sorgt", dass der VN seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, wird gem. § 1 ARB 2008/2010 diese Sorgeleistung umfasst und eingeschlossen. Dies folgt daraus, dass gem. § 1 ARB 2008/2010 der Versicherer Leistungen "erbringt".
Zum Leistungsumfang ist darauf zu verweisen, dass § 5 Abs. 1 lit. a nahezu unverändert in die ARB 2010 übernommen wurde. Die Regelung in § 5 Abs. 1 lit. a ARB 2010 enthält in Satz 3 die Einschränkung, dass der Versicherer bei den Leistungsarten gem. § 2a-g ARB 2010 "die Kosten in der I. Instanz" trägt.
4. Kostentragung für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen
Rz. 7
Die Rechtsschutzversicherung trägt die Kosten für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen. Die Ausführungen von Bauer, wonach die Rechtsschutzversicherung nur die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des VN finanziert und nicht andere Interessen, erscheinen zu eng.
Rz. 8
Zunächst beinhaltet die Wahrnehmung rechtlicher Interessen nicht die Wahrnehmung von Interessen in Verbindung mit technischen oder sonstigen Angelegenheiten, etwa medizinischen Fragen. Schwieriger ist jedoch die Abgrenzung zwischen rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen, die sich ergeben können in Verbindung mit der Wahrnehmung rechtlicher Interessen.
5. Wahrnehmung rechtlicher, (nicht) wirtschaftlicher Interessen - Abgrenzungsfragen
Rz. 9
Nach früherer Ansicht war die Verfolgung wirtschaftlicher (oder sonstiger) Interessen auch in Verbindung mit der Wahrnehmung rechtlicher Interessen von der Rechtsschutzversicherung nicht gedeckt.
Beispiel
Gegenstand des anwaltlichen Mandates war die Verfolgung einer günstigen Regelung bei der Abwicklung eines Mietvertrages, etwa die Gestaltung einer Mietanpassungsklausel, oder die Führung von Finanzierungsverhandlungen und Maßnahmen zur Verhinderung eines Insolvenzverfahrens.
Rz. 10
Insoweit geht es nicht um rechtliche Interessen. Es besteht für Verhandlungen, bei denen erkennbar wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, kein Rechtsschutz. Kündigt ein Kreditgeber einen Darlehensvertrag, weil unstreitig keine Rückzahlungen mehr erfolgt sind, und kommt es dann zu Verhandlungen über eine Ratenzahlung, so besteht dafür kein Rechtsschutz. Eine andere Rechtslage würde sich darstellen, wenn die Vereinbarungen über die Rückzahlung streitig sind. In diesem Fall wäre der Vertragsrechtsschutz angesprochen. Es käme Eintrittspflicht einer gegebenenfalls bestehenden Rechtsschutzversicherung in Betracht.
Rz. 11
Nach früher vertretener Ansicht kam bei solchen Fallgestaltungen Rechtsschutzdeckung nicht in Betracht. Dieser einschränkenden Auslegung des Begriffs der Wahrnehmung rechtlicher Interessen ist der BGH entgegengetreten. Die Begründung für die Ablehnung der einschränkenden Auslegung ist die Erwägung, dass die Verfolgung rechtlicher Interessen meist mit der Verfolgung anderer Interessen verbunden ist, sodass eine derartige Einschränkung dem Begriff des rechtlichen Interesses nicht entspricht.
Rz. 12
Die Verfolgung rechtlicher Interessen, die nicht auch der Wahrnehmung irgendwelcher sonstigen wirtschaftlichen Interessen dient, ist nicht denkbar. Ausgehend von dem Grundgedanken des § 1 ARB muss sich die rechtsbesorgende Tätigkeit hierbei zum Ziel setzen, dass eine konkrete Rechtsangelegenheit so gefördert wird, dass sie einem Abschluss zugeführt wird. In dem vom AG Leipzig entschiedenen Fall entsprach der Inhalt des Ankündigungsschreibens zu einer Modernisierungsmaßnahme nicht den gesetzlichen Vorgaben. Der sich hieraus ergebende Streit stelle einen Rec...