1. Keine All-Gefahren-Deckung

 

Rz. 16

Klar muss sein, dass die Rechtsschutzversicherung keine "All-Gefahren-Deckung" bietet. Insoweit liegt bei dem rechtsschutzversicherten Versicherungsnehmer oder Mandanten oft eine falsche Vorstellung vor, häufig inspiriert durch das nicht selten verwandte Wort "Vollrechtsschutz". Durch einen Rechtsschutzvertrag werden aber nicht die Kosten aller denkbaren Rechtsfälle zusammengefasst. Es gilt nicht das Prinzip der Universalität; vielmehr gilt das Prinzip der Spezialität der versicherten Gefahr: Durch eine umfassende Risikodeckung in der Rechtsschutzversicherung würde für den Versicherer das Risiko unüberschaubar und der Beitrag unkalkulierbar oder unbezahlbar. Diese Kalkulierbarkeit und überschaubarkeit verlangen deshalb eine Begrenzung des zu versichernden Risikos.

2. Die Versicherungs-/Rechtsschutzdeckung nach Rechtsgebieten (Leistungsarten) und nach Vertragsarten/Rechtsschutzformen

a) Allgemeines

 

Rz. 17

Zunächst ist in den ARB festgelegt, auf welchen Rechtsgebieten (Leistungsarten) Rechtsschutzdeckung in Betracht kommt. Konkret ist dies als sog. primäre Risikobegrenzung in § 2 ARB 2010 festgelegt. Diese als "Leistungsarten" bezeichneten einzelnen "Bausteine" sind wiederum in den einzelnen Vertragsarten der §§ 21-29 ARB 2010 kombiniert.[14] Dies bedeutet konkret, dass die Rechtsschutzdeckung - quasi auf der Grundlage einer sog. "Risikoaufspaltung" - sich aus der Kombination der versicherten Leistungsart, geregelt in § 2 ARB 2010, in Verbindung mit der jeweiligen Vertragsart/Rechtsschutzform der §§ 21-29 ARB 2010 ergibt. Anzumerken ist, dass die in § 2 ARB 2010 geregelten Leistungsarten gegenüber den ARB 94/2000 unverändert sind. Die Regelungen in den §§ 21-29 ARB 2010 sind im Wesentlichen unverändert, abgesehen von Änderungen, die sich aufgrund des VVG n.F. ergaben.

[14] Harbauer/Stahl, ARB 2000, § 2 Rn 1.

b) übersicht über Leistungsarten und Vertragsarten/Rechtsschutzformen

aa) übersicht über Leistungsarten gem. § 2 ARB 2010

 

Rz. 18

 
Schadenersatz-Rechtsschutz § 2a
Arbeits-Rechtsschutz § 2b
Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz § 2c
Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht § 2d
Steuer-Rechtsschutz vor Gerichten § 2e
Sozialgerichts-Rechtsschutz § 2f
Disziplinar- und Standes-Rechtsschutz § 2h
Straf-Rechtsschutz § 2i
Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz § 2j
Beratungs-Rechtsschutz im Familien- und Erbrecht § 2k

Die vorstehend aufgeführten Leistungsarten sind in gleicher Weise in den ARB 2000 geregelt.

bb) Die Rechtsschutzformen

 

Rz. 19

§ 21 Abs. 1 ARB 2010 - Verkehrs-Rechtsschutz

§ 21 Abs. 3 ARB 2010 - Fahrzeug-Rechtsschutz

§ 22 ARB 2010 - Fahrer-Rechtsschutz

§ 23 ARB 2010 - Privat-Rechtsschutz für Selbstständige

§ 24 ARB 2010 - Berufs-Rechtsschutz für Selbstständige, Rechtsschutz für Firmen und Vereine

§ 25 ARB 2010 - Privat- und Berufsrechtsschutz für Nichtselbstständige (Arbeitnehmer)

§ 26 ARB 2010 - Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz für Nichtselbstständige (Arbeitnehmer)

§ 27 ARB 2010- Landwirtschafts- und Verkehrs-Rechtsschutz

§ 28 ARB 2010 - Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutz für Selbstständige

§ 29 ARB 2010 - Rechtsschutz für Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Grundstücken

c) Versicherungsschutz und vertragliche Vereinbarung

 

Rz. 20

Unter Versicherungsschutz steht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung das im Versicherungsschein oder in seinen Nachträgen bezeichnete Wagnis i.S.d. "Besonderen Bestimmungen" der §§ 21-29 ARB 2010. Auch besteht nach diesen Besonderen Bestimmungen für den Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person Versicherungsschutz nur in einer bestimmten Eigenschaft und auf bestimmten Rechtsgebieten. Demgemäß fällt nicht unter die Versicherungsdeckung die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in anderen als den versicherten Eigenschaften oder auf anderen Rechtsgebieten.

 

Rz. 21

Das versicherte Risiko oder Wagnis ist in den einzelnen Vertragsarten der Besonderen Bestimmungen (§§ 21-29 ARB 2010) beschrieben und dementsprechend begrenzt.

 

Rz. 22

Im Ergebnis ist festzustellen, dass für den Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Person Versicherungsschutz besteht nach

Maßgabe des versicherten Wagnisses/Vertragsart,
der jeweils versicherten Eigenschaft und
auf dem jeweils versicherten Rechtsgebiet.

Das sich aus den vorgenannten Kriterien ergebende Kostenrisiko ist nach Eintritt des Rechtsschutzfalles im Umfang der §§ 2-4 ARB 2010 durch den Rechtsschutzversicherer gedeckt. Hinzuweisen ist darauf, dass die eingefügte Regelung des § 3a ARB 2010 die Verfahrensgrundsätze regelt bei Anwendung des Schiedsgutachter-Verfahrens bzw. des Stichentscheid-Verfahrens.

3. Begrenzung durch Risikoausschlüsse

 

Rz. 23

Das von der Rechtsschutzversicherung übernommene Risiko wird durch Risikoausschlüsse begrenzt. Diese sind neben den primären Risikobegrenzungen das Instrumentarium, um das übernommene Risiko zu begrenzen. Sie sind den sog. "sekundären Risikobegrenzungen" zuzuordnen. Sie stehen zu den primären Risikobegrenzungen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis.

Risikoausschlussklauseln bezwecken, das an sich unter Versicherungsschutz stehende Risiko zu begrenzen (vgl. hierzu § 7 Rn 4).

4. Fazit zu den Voraussetzungen der Rechtsschutzdeckung

 

Rz. 24

Inhalt und Umfang der Rechtsschutzleistung im Einzelfall ergeben sich zunächst aus den allgemeinen Regelungen der ARB unter dem Titel "Inhalt der Versicherung", geregelt in den §§ 1-6 ARB 2010. Die Rechtsschutzdeckung ergibt sich dann aus den vorgenannten Regelungen, s...

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