Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 334
Die Teilklage ist aber nur dann uneingeschränkt empfehlenswert, wenn man den Gegner außergerichtlich noch nicht zur Zahlung über die Gesamtforderung aufgefordert hat. Bei solch einem "Berühmen" über den Anspruch besteht die Gefahr, dass der Beklagte eine negative Feststellungswiderklage erheben wird. Dieser beantragt damit, festzustellen, dass über den eingeklagten Teilbetrag hinaus auch keine weiteren Forderungen bestehen. Damit wird der Zweck der Teilklage, das Senken der Prozesskosten, unterlaufen, weil dann wieder der volle Streitwert für die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltsgebühren anzusetzen ist. Falls also eine Teilklage in Betracht kommt, sollte im vorprozessualen Schriftverkehr tunlichst vermieden werden, Ansprüche in voller Höhe geltend zu machen. Allenfalls sollte der Rechtsanwalt mitteilen, dass "geprüft wird, ob weitergehende Ansprüche bestehen", um der Gefahr einer negativen Feststellungswiderklage vorzubeugen.
Rz. 335
Hat sich der Mandant bereits der Gesamtforderung "berühmt", und treibt der Beklagte mit der negativen Feststellungswiderklage die Prozesskosten in die Höhe, kann noch versucht werden, mit dem Beklagten einen Prozessvertrag über die Geltung des Urteils für den Gesamtanspruch zu schließen. Das Interesse an alsbaldiger Feststellung kann im Nachhinein nämlich wieder entfallen, gerade wenn die Parteien während des Prozesses vereinbaren, dass das Urteil auch für die weitergehenden Ansprüche gelten soll.
Rz. 336
Dem Kläger nutzt jedoch nicht, einseitig zu erklären, dass die Entscheidung auch für seine weitergehenden Ansprüche verbindlich ist oder wenn er auf diese Ansprüche verzichtet. Der Beklagte kann eine rechtskräftige Entscheidung und damit Rechtssicherheit – auch gegenüber jedem möglichen Rechtsnachfolger des Klägers – verlangen. Er ist auch nicht verpflichtet, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Erlassvertrages anzunehmen. Auch ein prozessualer Verzicht würde nicht weiterhelfen, da der Kläger nicht auf von ihm eingeklagte Ansprüche verzichten würde.