Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 212
Die Anforderungen sind streng, z.B. sind bei einer Gesamtforderung, die aus mehreren Einzelforderungen besteht, die jeweiligen Zahlen so zusammenzustellen, dass das Gericht die behauptete Forderung rechtlich und rechnerisch prüfen kann. Rechtsbegriffe, wie z.B. "Werkvertrag", "Eigentum", "Stellvertretung" usw. sind im Zweifel tatsächlich auszufüllen. Je mehr der Beklagte in der Klageerwiderung vorträgt, desto weiter ist die Pflicht für den Kläger, den Sachverhalt noch zu konkretisieren. Dabei ist auch maßgebend, ob und inwieweit sich die Ereignisse im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben: Steht die Partei außerhalb des Geschehensablaufs und kennt sie die Tatsachen nicht näher, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind, dann ist die weitere Substantiierungslast begrenzt.
Rz. 213
Gerade in umfangreichen Prozessen muss sorgfältig vorgetragen werden. Der Rechtsanwalt muss seinen Mandanten daher exakt und zu jedem relevanten Detail befragen.
Rz. 214
Ist es zu konkreten Punkten des Sachvortrags zweifelhaft, ob schon genug vorgetragen worden ist, kann um einen rechtlichen/richterlichen Hinweis gebeten werden.
Indes können freilich auch seitens des Gerichts richterliche Hinweise erfolgen, ohne dass eine der Parteien darum gebeten oder damit auch nur gerechnet hätte. Aus der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung ist beispielsweise auf die Konstellation zu verweisen, dass das Gericht an einer entscheidungserheblichen Rechtsauffassung nicht mehr festhalten will. Speziell ist ein Hinweis dann geboten, wenn das Gericht diese Rechtsauffassung in einem früher zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit vertreten hat und eine Partei in einem weiteren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit – für das Gericht erkennbar – davon ausgeht, dass das Gericht auch in diesem Verfahren keine abweichende Auffassung vertreten werde.
Erteilt das Gericht einen Hinweis entgegen § 139 Abs. 4 S. 1 ZPO erst im Termin zur mündlichen Verhandlung und gewährt einen Schriftsatznachlass (§ 139 Abs. 5, § 296a S. 2 ZPO), ist es verpflichtet, den fristgerecht eingereichten Schriftsatz bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen und ggf. die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
Rz. 215
Ansonsten gilt der Grundsatz: Ein guter Schriftsatz ist kurz und beschränkt sich auf das Wesentliche. Das Maß sollte sein: So viel Sachverhalt wie nötig, so viel Rechtliches wie nötig. Natürlich kann es in einer Rechtsangelegenheit mit komplexem und umfangreichem Sachverhalt und besonderen Rechtsproblemen erforderlich sein, umfangreiche Schriftsätze zu verfassen. Bei alltäglichen Fällen ist alles über 10 Seiten verdächtig.