Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 257
Soll förmlich Beweis angetreten und nicht lediglich zur Information des Gerichts und des Prozessgegners ein Schriftstück übersandt werden, ist die Urkunde rechtzeitig vor dem Termin im Original mit einem Schriftsatz an das Gericht vorzulegen, denn der Beweisantritt beim Urkundenbeweis erfolgt dadurch, dass die Urkunde vorgelegt wird, 420 ZPO.
Trotz der aktiven Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) stellt die Übermittlung von schriftlichen/papierhaften Urkunden ersichtlich eine Ausnahme von der aktiven Nutzungspflicht des beA dar, weil § 142 Abs. 1 S. 1 ZPO gerade auf den Erhalt der "analogen" Originalurkunde abzielt. Davon Gebrauch zu machen, ist auch empfehlenswert, denn die elektronische Kopie – anstatt der papierhaften Originalurkunde – genügt grundsätzlich nicht der sich aus § 420 ZPO ergebenden Vorlagepflicht, die sich auf das Original bezieht. Bestreitet der Prozessgegner aber die Übereinstimmung mit der Originalurkunde nicht, kann das Gericht die elektronische Kopie frei würdigen, § 286 ZPO.
In jeden Fall ist aber die elektronische Kopie der Urkunde so zeitig wie möglich zu übermitteln, um der Gefahr entgegenzuwirken, dass das Gericht eine Verspätung nach § 296 Abs. 2 ZPO feststellen könnte.
Rz. 258
Wichtiger Hinweis
Im Hinblick auf § 298a Abs. 2 S. 5 ZPO, wonach bei elektronischer Aktenführung eine Vernichtung nicht rückgabepflichtiger Schriftstücke binnen sechs Monaten vorgesehen ist, sollte das Gericht unbedingt darauf hingewiesen werden, auf den Originalcharakter der Urkunde und die Notwendigkeit einer Rückgabe hinzuweisen, um einer – versehentlichen Vernichtung – vorzubeugen.