Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 349
Nach dem Eingang der Klage bei Gericht (Anhängigkeit) erhält die klagende Partei persönlich eine Gerichtskostenvorschussrechnung (mit Überweisungsträger). Diese Rechnung ist zu bezahlen, denn erst nach dem Rechnungsausgleich wird die Klage dem Beklagten zugestellt und damit rechtshängig. Sollen Fristen gewahrt, speziell die Verjährung gehemmt werden, muss nach Erhalt der Rechnung der Vorschuss unverzüglich eingezahlt werden, damit die Klage "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO zugestellt werden und die Zustellung auf den Zeitpunkt der Anhängigkeit zurückwirken kann. Bei allen vom Zustellungsbetreiber verursachten Zustellungsverzögerungen von mehr als 14 Tagen (ab Fristablauf) schließt der BGH eine Rückwirkung aus. Bei der Berechnung bleiben Wochenend- und Feiertage außer Ansatz. Wurde die Gerichtskostenrechnung (außerhalb des automatisierten Mahnverfahrens) fehlerhaft entgegen § 25 KostVfg direkt dem Prozessbevollmächtigten und nicht der Partei übersandt, werden für die Weiterleitung an den Mandanten drei Werktage hinzugerechnet. Mit Blick auf die Einzahlung des Kostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit der klagenden Partei verzögert hat.
Rz. 350
Den Gerichtskostenvorschuss (§ 12 Abs. 1 GKG) braucht die klagende Partei nicht schon von sich aus mit der Klage einzuzahlen; sie kann vielmehr die Anforderung durch das Gericht abwarten. Bleibt die Anforderung aus, darf sie aber nicht länger als angemessen (ca. drei Wochen) untätig bleiben, sondern muss nachfragen, einzahlen oder Antrag nach § 14 GKG stellen. Nach Anforderung muss sie unverzüglich, regelmäßig binnen ca. 14 Tagen, einzahlen.
Rz. 351
Die Höhe des Gerichtskostenvorschusses bemisst sich nach zwei Faktoren: Zum einen nach dem der Klage/dem Antrag zugrundeliegenden Streitwert, zum anderen nach der Anzahl der zu entrichtenden Gerichtsgebühren.
1. Streitwert der Klage
Rz. 352
Der Streitwert soll nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in der Klage angegeben werden. Der Gegenstandswert folgt regelmäßig aus dem Forderungswert, z.B. eines eingeklagten Kaufpreises, der Bürgschaftsforderung oder des begehrten Schadensersatzes. Werden mehrere Ansprüche mit einer Endsumme geltend gemacht, z.B. rückständige Monatsmieten und ein Schadensersatzanspruch wegen Beschädigung der Wohnung, ergibt sich der Streitwert aus diesen zusammenzurechnenden Werten. Bei mehreren Anträgen folgt der Streitwert desgleichen aus einer Addition der Werte der einzelnen Anträge.
Rz. 353
Schwieriger sind die Fälle, in denen sich der Streitwert nicht unmittelbar aus der Klageforderung ergibt, z.B. bei Auskunfts- und Feststellungsanträgen, unbezifferten Klageanträgen, Herausgabeanträgen usw.
Es gelten u.a. folgende wichtige Einzelheiten:
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Für die Wertberechnung und damit für die Kostenvorschusspflicht ist der Zeitpunkt der Einreichung der/des Klage/Antrags maßgebend. |
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Grundsätzlich setzt das Gericht den Wert nach freiem Ermessen fest, § 3 ZPO. |
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Bei unbezifferten Zahlungsanträgen sollte in der Klagebegründung eine Begehrensvorstellung geäußert werden (z.B.: "Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000,00 EUR."). Diese Erklärung legt das Gericht dann – vorläufig – für die Wertberechnung zugrunde. |
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Eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist nicht anfechtbar, erst recht nicht, wenn damit nur der Zuständigkeitswert festgesetzt wird. |
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Bei einem Antrag auf Rechnungslegung ist das Interesse des Klägers an der Erleichterung der Begründung seines Zahlungsanspruchs maßgebend. Regelmäßig ist nur ein Bruchteil von 25 % des mutmaßlichen Zahlungsanspruchs ansetzbar. |
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Der Wert eines Rechts auf wiederkehrende Nutzungen/Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet (§ 9 S. 1 ZPO). Steht die Dauer des Bezugsrechts bereits fest, ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, allerdings nur, wenn dieser Betrag geringer ist als der dreieinhalbfache Wert (§ 9 S. 2 ZPO). |
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Streiten die Parteien um den Bestand oder die Dauer eines Mietvertrags, ist die Miete ausschlaggebend, welche auf die gesamte streitige Zeit entfällt. Ist... |