Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 57
Unter Ehegatten einer wirksam geschlossenen Ehe bestehen wechselseitig Prozesskostenvorschussansprüche dann, wenn der den Vorschuss fordernde Ehepartner außerstande ist, die Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen. Als Prüfungsmaßstab dürften hier nicht die Ansätze der Verfahrenskostenhilfe nach § 76 ff. FamFG oder in Familienstreitsachen und Ehesachen gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit Verweis auf die §§ 114–127 ZPO) zum Tragen kommen, sondern der Vorschussfordernde gilt als bedürftig, wenn seine eigenen Einkünfte unter Berücksichtigung der Prozesskosten für eine angemessene Lebensführung nicht ausreichen würde.
Rz. 58
Hierbei stellt sich häufig die Frage, inwieweit der fordernde Ehepartner vom anderen auf eigenes Vermögen bzw. dessen Verwertung oder Umschichtung etc. verwiesen werden kann. Leben Eheleute noch nicht getrennt, wird insbesondere bei erheblichen Vermögensunterschieden der Ehepartner eine Verpflichtung des "ärmeren Partners", aus eigenem Vermögen entsprechende Vorschüsse sicherzustellen, nicht verlangen können.
Rz. 59
Nach Eintritt des Getrenntlebens oder während des Scheidungsverfahrens ist diese Grenze unzumutbarer Inanspruchnahme eigenen Vermögens deutlich niedriger zu ziehen. "Bereite Mittel" (Kontoguthaben, Ersparnisse) sind ebenso wie leicht verwertbares Vermögen (Depotwerte, Aktien, etc.) einzusetzen. Dem Vorschussfordernden ist in diesen Fällen allenfalls eine Notreserve zu belassen, es sei denn, dass die wechselseitigen Vermögensverhältnisse derart unterschiedlich sind, dass es unbillig wäre, das ohnehin erheblich niedrigere Stammvermögen des "ärmeren" Ehepartners zugunsten des "reicheren" Ehepartners zusätzlich zu schmälern. Es müssen diejenigen Regeln gelten, die auch für die Zumutbarkeit des Einsatzes von Vermögen im Verfahrenskostenhilfeverfahren gelten.
Umgekehrt muss der auf Vorschuss angesprochene Ehepartner leistungsfähig sein, wobei die Grenze bei ihm in der Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts (großer Selbstbehalt) zu ziehen ist. Prozesskostenvorschusspflicht ist also zu verneinen, wenn der angesprochene Ehepartner selbst verfahrenskostenhilfeberechtigt wäre.
Rz. 60
Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Ehepartners ist sein unterhaltsrelevantes Einkommen sowie sein Vermögen zu berücksichtigen, Letzteres allerdings nur in den Grenzen des § 1581 S. 2 BGB. Eigene Prozesskostenzahlungsverpflichtungen können ebenso in die Berechnung einbezogen werden wie Abzüge für aus der Ehe herrührende gemeinsame Schuldverpflichtung gemacht werden.
Rz. 61
Die Pflicht zur Zahlung von Kostenvorschüssen erstreckt sich nur auf die Führung wie Verteidigung in Rechtsstreitigkeiten, soweit persönliche oder vermögensrechtliche Angelegenheiten des anderen Ehepartners betroffen sind, die ihre Wurzel in der ehelichen Lebensgemeinschaft haben.
Hierzu gehören Unterhaltsangelegenheiten, sämtliche die Ehe betreffenden Angelegenheiten, so auch bei Ehestörung, Vermögensauseinandersetzung/Zugewinn, teilweise auch Arbeits- und Sozialgerichtsverfahren, Streitigkeiten wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, teilweise auch verwaltungsrechtliche Streitigkeiten.
Rz. 62
Die Bewilligung eines Kostenvorschusses muss schließlich der Billigkeit entsprechen, sie muss also dem Verpflichteten zumutbar sein und soll eine sachdienliche Prozessführung ermöglichen. Bei Mutwilligkeit oder offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Klagebegehrens scheiden Vorschusspflichten aus, wobei an die Prüfung der Aussichten des Klagebegehrens nicht so strenge Maßstäbe wie im Zusammenhang mit der Verfahrenskostenhilfegewährung anzulegen sind.
Eine Vorschusspflicht entspricht allerdings nicht der Billigkeit, wenn der Vorschusspflichtige Ehegattenunterhalt als Quotenunterhalt zahlt, will eine weitergehende Verpflichtung dem Halbteilungsgrundsatz widerspräche.