Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
I. Voraussetzungen
Rz. 2
Die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Anordnung finden sich in den Vorschriften der §§ 49 ff. FamFG, wobei nach dem Gesetzestext gem. § 49 Abs. 1 FamFG durch einstweilige Anordnung das Gericht eine vorläufige Maßnahme treffen kann, damit also klargestellt ist, dass mit einem solchen Verfahren nicht die Hauptsache vorweggenommen werden soll. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt daher in denjenigen Fällen nicht in Betracht, in denen die Entscheidung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Dies ist beispielsweise bei der Frage der Einräumung des Vornamensbestimmungsrechts der Fall (§ 1628 BGB). Für ein solches Verfahren nach § 1628 BGB ist daher für den Erlass einer einstweiligen Anordnung kein Raum. In diesem Fall ist die Bestimmung endgültig. Sie kann nur unter den engen Voraussetzungen des NÄG geändert werden, die regelmäßig nicht vorliegen.
Allerdings sind durchaus Verfahren nach § 1628 BGB denkbar, die unmittelbar regelungsbedürftig sind. Dies kann der Fall sein bei fristgebundenen notwendigen Anträgen beispielsweise zur Bewerbung eines gemeinsamen Kindes für einen längeren Auslandsaufenthalt mit dortigem Schulbesuch (sog. Auslandsjahr).
Da der Erlass der einstweiligen Anordnung "nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschrift gerechtfertigt" sein muss, ist seitens des Gerichts die Überprüfung der für das Rechtsverhältnis geltende materiellrechtlichen Vorschrift in jedem Falle geboten. Es muss also wie bisher seitens des Antragstellers ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorgetragen werden, wobei sich Letzterer an der gesetzlichen Vorgabe orientiert, dass für den Erlass der einstweiligen Anordnung "ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden" vorliegen muss.
Dies ist dann zu bejahen, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung innerhalb einer etwaigen Hauptsache mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre.
Folgerichtig wird insoweit in der Begründung des Gesetzesentwurfes darauf hingewiesen, dass auf die im Zusammenhang mit früheren vorläufigen Anordnungen nach § 621g ZPO a.F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Rz. 3
Für die einstweilige Anordnung kann das Gericht gem. § 49 Abs. 2 FamFG neben der vorläufigen Regelung auch einen bestehenden Zustand sichern, ganz allgemein einem Beteiligten die Vornahme einer Handlung gebieten oder ihm auch eine solche Handlung verbieten und – wie im Gesetzestext ausführlich ausgeführt – auch die Verfügung über einen Gegenstand untersagen.
Rz. 4
Das Gericht wird gem. § 49 Abs. 2 S. 2 FamFG in die Lage versetzt, zusammen mit der einstweiligen Anordnung unter Umständen auch die zur "Durchführung erforderlichen Anordnungen" zu treffen.
Auf die Besonderheit der jeweiligen einstweiligen Anordnungen wird in den nachfolgenden Einzeldarstellungen näher eingegangen werden.
II. Zuständigkeit
Rz. 5
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts ist in § 50 FamFG geregelt.
Weitere Zuständigkeitsregelungen für besondere Verfahren finden sich in § 98 ff. FamFG (internationale Zuständigkeit) und § 122 FamFG (Scheidungssachen und Verbund). Für den zu stellenden Antrag ist demnach das Gericht zuständig, welches für die Hauptsache im ersten Rechtszug zuständig wäre. Dies betrifft also die Fälle, in denen ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist. Existiert bereits ein Hauptsacheverfahren, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Gericht einzureichen, bei welchem das Hauptsacheverfahren anhängig ist. Befindet sich die Sache bereits beim Beschwerdegericht, ist für den dann gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Beschwerdegericht zuständig. Wechselt ein Kind nach Anhängigkeit der Hauptsache den Wohnsitz und wird dann ein einstweiliges Anordnungsverfahren zum Unterhalt anhängig gemacht, stehen sich die Zuständigkeitsvorschriften nach § 50 Abs. 1 S. 2 FamFG und § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gegenüber mit der Folge, dass aus letzterer Vorschrift auch der Vorrang gegenüber § 50 FamFG abgeleitet wird und folglich die Verfahren an unterschiedlichen Gerichten geführt werden müssen. § 4 FamFG greift nicht, weil diese Vorschrift für Familienstreitverfahren nicht gilt.
Rz. 6
Bei besonderer Eilbedürftigkeit gewährt das Gesetz in § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG einen weiteren Gerichtsstand: "in dessen Bezirk das Bedürfnis für ein gerichtliches Tätigwerden benannt wird oder sich die Person oder die Sache befindet, auf die sich die einstweilige Anordnung bezieht". Dies entspricht in Teilbereichen der besonderen Zuständigkeitsregelung im einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 942 Abs. 1 ZPO – "belegene Sache") wobei allerdings nach § 50 Abs. 2 S. 2 FamFG das tätig gewordene Amtsgeri...