Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 134
Ein Regelungsbedürfnis besteht regelmäßig dann, wenn das Kindeswohl eine einstweilige Regelung zur Abwendung von Nachteilen gebietet. Dies kann aber nur in Ausnahmefällen gegeben sein. Sofern das Kindeswohl gefährdet ist, bleibt die Möglichkeit, ein Verfahren nach § 1666 BGB anzuregen. Zudem stehen solche (Hauptsache-)Verfahren ohnehin unter dem Beschleunigungsgebot (§§ 155 Abs. 1, 155a FamFG), so dass fraglich ist, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wirklich zeitlich kürzer behandelt werden würde.
In der einstweiligen Anordnung auch betreffend den Bereich der elterlichen Sorge kommt nur eine "vorläufige Maßnahme" in Betracht. Mit der einstweiligen Anordnung darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Der Inhalt der Anordnung wird daher auf notwendiges, auf ein "weniger" beschränkt sein (z.B. durch Übertragung von Teilrechten aus dem allgemeinen Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Vermögenssorge, Verbot der Mitnahme des Kindes ins Ausland, Vertretung des Kindes gegenüber Behörden etc.).
Rz. 135
Hinweis
Wegen der Pflicht des Gerichts, in Umgangs- und Sorgerechtsangelegenheiten die Eltern und das oder die Kinder persönlich anzuhören und das Jugendamt einzuschalten, kommt es in aller Regel zu einer mündlichen Verhandlung. Es stellt sich dann in der Tat die Frage, ob nicht über ein sofort eingeleitetes Verfahren zur Hauptsache wegen des Beschleunigungsgebotes nach § 155 Abs. 2 S. 2 FamFG (Monatsfrist zur Durchführung eines Termins) im Ergebnis in gleicher Zeit wie über den Weg der einstweiligen Anordnung abschließende Regelungen erzielt werden können. Dies gilt umso mehr, als das Gericht nach § 156 FamFG gehalten ist, auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinzuwirken und gem. § 156 Abs. 3 FamFG – bei Scheitern der Einvernehmensbemühungen – mit den Beteiligten ohnehin den Erlass der einstweiligen Anordnung für die in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Fälle zu erörtern hat.
Rz. 136
Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Bereich der elterlichen Sorge werden daher nur in extremen Ausnahmefällen sinnvoll sein. Im Bereich der Vermögenssorge sind einstweilige Anordnungen eher denkbar.
Die Anordnung gemeinsamer elterlicher Sorge nach § 1626a Abs. 2 BGB ist im Wege einstweiliger Anordnung ebenfalls nur in "kindeswohlrelevanten Extremfällen" möglich.