a) Objektiv lag ein Fall der Notverwaltung vor
Rz. 115
Lagen die Voraussetzungen der Notverwaltung vor, werden im Innenverhältnis alle Miterben durch den handelnden Miterben zueinander verpflichtet. Der handelnde Miterbe kann außerdem im Außenverhältnis die Erbengemeinschaft verpflichten, ohne dass die Erben die Maßnahme genehmigen müssten. Zur Vermeidung einer persönlichen Haftung muss der Erbe entweder im Namen der Erbengemeinschaft handeln oder seine Haftung auf den Nachlass beschränken. Im Streitfall hat der handelnde Erbe zu beweisen, dass die Haftung auf den Nachlass beschränkt ist.
Rz. 116
Der handelnde Miterbe kann von der Erbengemeinschaft Ersatz seiner Aufwendungen nach § 2038 Abs. 2 i.V.m. § 748 BGB verlangen, und muss damit auch nicht bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft warten.
Rz. 117
Nach Krug kann der handelnde Miterbe im Rahmen der Notverwaltung einen Vorschuss gem. § 669 BGB von der Erbengemeinschaft fordern. In der Praxis wird man meist keinen Vorschuss von den Erben fordern, sondern die Zustimmung der Miterben herbeiführen: Jede Notverwaltung ist auch ein Fall der ordnungsgemäßen Verwaltung, bei der durch eine Mehrheitsentscheidung die Erbengemeinschaft verpflichtet und eine Nachlassverbindlichkeit begründet wird. Hätte der Miterbe Zeit einen Vorschuss zu fordern, kann die Maßnahme nicht dringlich sein. Es bleibt also lediglich das Kriterium der Erforderlichkeit der Maßnahme für die Erhaltung des Nachlasses. Ist die Maßnahme jedoch lediglich erforderlich, hat der Miterbe ausreichend Zeit, den "besseren" Weg zu wählen und kann die Erben auf Zustimmung in Anspruch nehmen.
Rz. 118
Jeder Miterbe ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, Maßnahmen der Notverwaltung zu ergreifen. Ein Miterbe, der schuldhaft keine Notverwaltungsmaßnahmen ergreift und hierdurch den Nachlass schädigt, ist dem gegenüber Nachlass schadensersatzpflichtig.
Rz. 119
In Fällen der Verfügungen im Rahmen von Notverwaltungsmaßnahmen soll nach dem BGH § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB der Regelung des § 2040 BGB vorgehen.
Rz. 120
Beispiel (Lösung Frage 6/Teil 1 – Rdn 1)
Die Beseitigung des Wasserrohrbruches ist ein Fall der Notverwaltung. K2 konnte hier nicht nur handeln, sie musste es sogar, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen: Nur so ließ sich weiterer Schaden von der Erbengemeinschaft abwenden und der Nachlasswert erhalten. Den Ersatz dieser Kosten kann K2 von F und K1 bereits vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft aus dem Nachlass verlangen.
b) Objektiv lag kein Fall der Notverwaltung vor
Rz. 121
Eine Maßnahme der Notverwaltung ist stets auch ein Fall der ordnungsgemäßen Verwaltung. Handelt der Miterbe im Rahmen einer vermeintlichen Notverwaltung, lag objektiv jedoch nicht die erforderliche Dringlichkeit vor bzw. war die Maßnahme für die Erhaltung des Nachlasses nicht erforderlich, so ist zunächst zu prüfen, ob (wenigstens) die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Verwaltung vorgelegen haben.
Rz. 122
Nach einer Entscheidung des BGH kann der handelnde Miterbe bei Überschreitung des Notverwaltungsrechts Aufwendungsersatz über die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen. Diese Entscheidung übersieht, dass die Notverwaltung auch ein Fall der ordnungsgemäßen Verwaltung sein muss, und die Miterben dann zur Mitwirkung verpflichtet sind. Mitwirkung ist jedoch nicht lediglich i.S. einer Einwilligung, also der vorhergehenden Zustimmung (§ 183 Abs. 1 S. 1 BGB) zu verstehen. Hat ein Miterbe – zunächst auf eigenes Risiko – für die Erbengemeinschaft gehandelt, so kommt auch eine Genehmigung (nachträgliche Zustimmung, § 184 Abs. 1 BGB) in Betracht. Liegen die Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Verwaltung vor, so sind die Miterben bei Überschreitung des Notverwaltungsrechts über § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB verpflichtet, mitzuwirken und ggf. dementsprechend auch zu verurteilen. Für die Folgen der Überschreitung seines Verwaltungsrechts hat der Miterbe selbst einzustehen. Hinsichtlich des Aufwendungsersatzs des handelnden Miterben bedarf es keines Rückgriffs auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag: Der Maßstab der Prüfung ist und bleibt § 2038 BGB.
Rz. 123
Beispiel (Lösung Frage 6/Teil 2 – Rdn 1)
Mit den Kosten für den Einbau des Gäste-Bades sieht es anders aus als mit denen für die Beseitigung des Wasserrohrbruches: Hier liegt keine Verwaltung des Nachlasses vor. Solange F und K1 diese "Luxusaufwendung" nicht genehmigen, handelt es sich um das "Privatvergnügen" der K2, für das sie von der Erbengemeinschaft keinen Ersatz verlangen kann.