aa) Unbestimmtheit der Erbteile, § 2043 BGB
Rz. 208
§ 2043 BGB enthält ebenso wie §§ 2044 und 2045 BGB Ausnahmen von dem Recht der Miterben, jederzeit die Auseinandersetzung verlangen zu können. Durch § 2043 BGB wird verhindert, dass sich nach der erfolgten Auseinandersetzung die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft und damit auch die Erbteile ändern. Hierdurch werden die möglichen Erben geschützt.
Rz. 209
Die Auseinandersetzung ist gem. § 2043 Abs. 1 BGB nur dann aufgeschoben, wenn der potentielle Miterbe beim Erbfall bereits gezeugt ist, § 1923 Abs. 2 BGB (nasciturus). Der nasciturus muss lebend geboren werden, um Miterbe zu werden.
Rz. 210
Ebenfalls ausgeschlossen ist die Auseinandersetzung in den Fällen des § 2043 Abs. 2 BGB:
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Die Annahme als Kind wird durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Annehmenden ausgesprochen, § 1752 Abs. 1 BGB; bei der Volljährigenadoption kann der Antrag auch vom Anzunehmenden erfolgen, § 1768 Abs. 1 S. 1 BGB. |
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Die Aufhebung der Adoption beim Minderjährigen richtet sich nach § 1760 BGB und § 1763 BGB und erfolgt durch das Vormundschaftsgericht. Die Aufhebung bei Volljährigen richtet sich nach § 1771 BGB und kann durch das Vormundschaftsgericht auf Antrag des Annehmenden oder Angenommenen ausgesprochen. |
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Die Anerkennung einer Stiftung als rechtsfähig richtet sich nach §§ 80, 84 BGB. |
Rz. 211
§ 2043 BGB ist nicht entsprechend anwendbar auf andere Fälle, in denen noch nicht feststeht, ob ein weiterer Miterbe an der Erbengemeinschaft beteiligt ist (wie Verschollenheit, noch bestehende Ausschlagungsmöglichkeiten etc.).
Rz. 212
Eine entgegen § 2043 BGB vorgenommene Auseinandersetzung führt nicht zur Nichtigkeit, da § 2043 BGB kein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB beinhaltet. Die Auseinandersetzung ist jedoch schwebend unwirksam bis der übergangene Miterbe entweder genehmigt (was er wohl kaum tun wird) oder die Zustimmung endgültig verweigert. Die Auseinandersetzung ist nur ausgeschlossen, soweit Erbteile unbestimmt sind. Fällt der Nachlass an mehrere Stämme und besteht nur hinsichtlich eines Stammes Ungewissheit, kann die Auseinandersetzung ansonsten erfolgen.
bb) Ungewisse Nachlassverbindlichkeiten, § 2045 BGB
Rz. 213
Bei der Ungewissheit über Nachlassverbindlichkeiten bietet § 2045 BGB ebenfalls eine Ausnahme von § 2042 BGB und dem Recht eines Miterben, jederzeit die Auseinandersetzung zu verlangen. Die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten und somit auch die notwendige, abschließende Feststellung der betroffenen Gläubiger findet sinnvollerweise vor der Teilung des Nachlasses statt. Um vor einer Teilung des Nachlasses (und den sich ergebenden Haftungskonsequenzen aus §§ 2058, 2059 BGB) zunächst allen Miterben die Möglichkeit zu geben, die Nachlassgläubiger im Rahmen eines Aufgebotes festzustellen, gewährt § 2045 BGB jedem Miterben eine aufschiebende Einrede gegen den geltend gemachten Auseinandersetzungsanspruch. Die Vorschrift wird ergänzt durch die Regelung des § 2046 BGB, wonach jeder Miterbe vor der Auseinandersetzung die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten verlangen kann.
Rz. 214
Der Anspruch kann nicht durch Bestimmungen des Erblassers ausgeschlossen werden; der Erbe selbst kann jedoch freilich auf die Geltendmachung verzichten: Der Anspruch ist als Einrede durch den Miterben geltend zu machen und nicht etwa von Amts wegen zu beachten. Die Formulierung "kann" stellt klar, dass die Entscheidung einen Aufschub zu verlangen, allein beim Erben liegt. Voraussetzung für die Einrede nach § 2045 S. 1 BGB ist es, dass das Aufgebot bereits beantragt oder die öffentliche Aufforderung bereits erlassen ist. Ist dies nicht der Fall, muss der Miterbe dies unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB Abs. 1 S. 1 BGB), nachholen, § 2045 S. 2 BGB.
Rz. 215
Eine bereits eingereichte Klage auf Auseinandersetzung wird durch die Erhebung der Einrede nicht unbegründet; vielmehr erfolgt eine Aussetzung analog § 148 ZPO. Es hängt dann vom vorprozessualen Verhalten des Beklagten ab, ob ein sofortiges Anerkenntnis nach Fortsetzung des Verfahrens die Kostenfolge des § 93 ZPO nach sich ziehen kann. Unter dem Gesichtspunkt der Kostentragungspflicht dürfte es selten sinnvoll sein, gegen eine erhobene Auseinandersetzungsklage die Einrede nach § 2045 BGB entgegenzuhalten: Taktisch klüger wird es meist sein, auf eine Entscheidung zu drängen, während noch Nachlassverbindlichkeiten bestehen und der Auseinandersetzungsklage den Einwand des nicht teilungsreifen Nachlasses entgegenzuhalten, sodass der Prozess für den Kläger verloren und nicht lediglich analog § 148 ZPO ausgesetzt wird.