I. Allgemeines
Rz. 304
Es ist die “hohe Kunst der Testamentsgestaltung die vielfältigen Problembereiche der Erbengemeinschaft durch weitblickende Regelungen nach Möglichkeit vollständig zu "neutralisieren". Hierfür muss der Anwalt sich zunächst ein genaues Bild über die familiären Beziehungen seines Mandanten machen. Dies bedeutet nicht lediglich die Feststellung der familienrechtlichen Beziehungen, sondern auch und gerade die Beziehungen der in Betracht kommenden Erben und Vermächtnisnehmer untereinander abzubilden. Hiernach sind die Wünsche und Vorstellungen des Erblassers festzustellen, und es ist dessen finanzielle Situation zu ermitteln. Erst wenn all dies geschehen ist, kann mit der Planung einer auf den Einzelfall "maßgeschneiderten" Lösung begonnen werden. Jede schematische Lösung verbietet sich hier – wie auch sonst im Bereich des Erbrechts – völlig. Denn bereits geringste Abweichungen des "eigenen" Falls vom "Musterfall" führen häufig zu gänzlich anderen Notwendigkeiten in der Gestaltung.>
Rz. 305
Die Gestaltung muss in vielen Fällen bereits mit Verträgen unter Lebenden beginnen (Übertragungen, Umwandlung eines Einzelunternehmens u.Ä.). Hierbei sind jedoch nicht lediglich steuerliche Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen, sondern es ist auch auf das Versorgungs- und Sicherheitsinteresse des Mandanten im Alter zu achten. Dem "unbedingten" Wunsch des Mandanten zu folgen, große Teile seines Vermögens auf die nachfolgende Generation ohne jegliche "Sicherungsrechte" (Rückforderungsrecht, Nießbrauch u.Ä.) zu übertragen, ohne auf die erheblichen Bedenken und Folgen ausdrücklich und mehrfach hinzuweisen, wird ein Beratungsverschulden des Rechtsanwalts darstellen. Das "Mittel der Wahl" bei jeder erbrechtlichen Gestaltung von Todes wegen, die eine Aufteilung des Nachlasses unter mehreren Erben oder/und Vermächtnisnehmern vorsieht, ist die Einsetzung eines fachkundigen und unabhängigen Testamentsvollstreckers. Ob der gestaltende Anwalt sich selbst bereit erklärt, dieses verantwortungsvolle Amt für seinen Mandanten zu übernehmen, sollte in der Beratung angesprochen werden. Jeder Anwalt muss sich hier den erheblichen Zeitaufwand und die Haftungsgefahren vor Augen führen, die aus einer Testamentsvollstreckung folgen. Gerade benachteiligte Erben werden regelmäßig versuchen, gegen den Testamentsvollstrecker vorzugehen. Hier liegt aber auch – neben vielen anderen Vorzügen – die Chance der Testamentsvollstreckung: Streit der Erben untereinander kann so häufig vermieden werden. Aus diesem Grund ist auch grundsätzlich davon abzuraten, einen Miterben als Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Eine gewünschte Bevorzugung eines Erben kann auch bspw. durch Vorausvermächtnisse erreicht werden.
II. Teilungsanordnung
Rz. 306
Die Auseinandersetzung des Nachlasses nach den gesetzlichen Regeln der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 2042 Abs. 2, 752 ff. BGB) führt häufig zu einer Zerschlagung langfristig gewachsener Vermögenswerte. Dies lässt sich durch Anordnungen gem. § 2048 BGB vermeiden. Um Zweifel auszuschließen regelt das Gesetz in § 2048 BGB ausdrücklich die Möglichkeit des Erblassers, durch letztwillige Verfügungen über die Auseinandersetzung des Nachlasses zu bestimmen. § 2048 BGB gibt dem Erblasser ein Instrument an die Hand, kraft dessen er weitreichend über das Schicksal seines Nachlasses bestimmen kann. Er kann so die Auseinandersetzung beeinflussen und kann die Aufteilung seines Vermögens unter den Erben festlegen. Neben dem Vorausvermächtnis gem. § 2150 BGB ist die Teilungsanordnung die Möglichkeit, einzelnen Erben bestimmte Nachlassgegenstände zukommen zu lassen. Zusammen mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist es dem Erblasser möglich, die Umsetzung seines letzten Willens mit größtmöglicher Sicherheit zu gewährleisten, da die Anordnungen des Erblassers gem. § 2048 BGB Vorrang vor den gesetzlichen Vorschriften über die Auseinandersetzung nach §§ 2042, 749 ff. BGB haben. Komplexe Vermögensnachfolgen, insbesondere Nachfolgeregelungen in Unternehmen lassen sich so trefflich gestalten und vermeidbare Auseinandersetzungen zwischen den Miterben verhindern. Die Teilungsanordnung ist daher tatsächlich ein "vielseitiges und segensreiches Instrument des deutschen Erb- und Erbschaftsteuerrechts".
Rz. 307
Nach dem Wortlaut des § 2048 BGB und auch in der Zusammenschau mit den übrigen Vorschriften des BGB ergeben sich keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des möglichen Inhalts einer Teilungsanordnung. § 2048 BGB ist insoweit äußerst allg. gefasst. Ebenso wenig sind nach den Motiven vom Gesetzgeber gewollte Einschränkungen zu erkennen. Lediglich § 2049 BGB gibt indirekt ein Beispiel für einen möglichen Inhalt einer Auseinandersetzungsanordnung, stellt jedoch lediglich eine Auslegungsregel im "Zweifelsfall" einer Teilungsanordnung dar. Grundsätzlich sind damit alle Bestimmungen des Erblassers zulässig, die sich auf die Auseinandersetzung beziehen, soweit s...