A. Vorbemerkungen
Rz. 1
Naturgemäß bereitet es einem Ehegatten große Schwierigkeiten, darzulegen und zu beweisen, welche Versorgungsanrechte sein Partner erworben hat. Ehen erstrecken sich (immer noch) in vielen Fällen über lange Zeiträume. Unterlagen über Beschäftigungszeiten, Beitragsleistungen und Ähnliches werden oft nicht geordnet aufbewahrt. In vielen Fällen wird in der Ehesituation, die zu der Scheidung führt, ein Ehegatte dem anderen nicht mehr ohne Weiteres die Auskünfte erteilen wollen, welche dieser benötigt, um zu klären, ob er sich eine Scheidung versorgungsausgleichstechnisch leisten kann, ob es sinnvoll ist, eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich anzustreben und Ähnliches. Der Gesetzgeber hat sich daher dafür entschieden, ein breit gefächertes Instrumentarium aufzubieten, das es einem Ehegatten und im Scheidungsverfahren dann auch dem Gericht ermöglichen soll, die notwendigen Informationen einzuholen, um die genannten Fragen zu klären und schließlich einen Versorgungsausgleich durchführen zu können.
Rz. 2
Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Mechanismen zur Erleichterung des Versorgungsausgleichs sind:
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die sozialrechtlichen Auskunftsansprüche gegen den Versorgungsträger, die es jedem Ehegatten ermöglichen sollen, die eigenen Versorgungsanrechte zu klären (siehe unten Rdn 4 ff.), |
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der Auskunftsanspruch gegen den anderen Ehegatten, unabhängig von der Anhängigkeit einer Versorgungsausgleichssache aus § 4 Abs. 1 VersAusglG (siehe unten Rdn 10 ff., 17 ff.), |
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der subsidiäre Auskunftsanspruch gegen den Versorgungsträger, unabhängig von der Anhängigkeit einer Versorgungsausgleichssache aus § 4 Abs. 2 VersAusglG (siehe unten Rdn 10 ff., 20 ff.), |
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den Mitwirkungsanspruch der Versorgungsträger gegen die Ehegatten aus § 4 Abs. 3 VersAusglG (siehe unten Rdn 10 ff., 23 ff.), |
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im Verfahren die Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (siehe unten Rdn 29 ff.), |
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im Verfahren die verfahrensrechtlichen Auskunftsansprüche gegen die Ehegatten, die Versorgungsträger und alle anderen Stellen, welche sachdienliche Auskünfte erteilen können (siehe unten Rdn 36 ff.). |
B. Auskunftsansprüche unabhängig von der Anhängigkeit einer Versorgungsausgleichssache
Rz. 3
Unabhängig von einem Verfahren in Bezug auf den Versorgungsausgleich, sieht die Rechtsordnung zwei Instrumentarien vor, welche die Einschätzung, ob eine Scheidung und/oder ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden sollen, erleichtern sollen: den Auskunftsanspruch gegen den Sozialversicherungsträger in Bezug auf die eigenen Anrechte (siehe unten Rdn 17 ff.) und die in § 4 VersAusglG vorgesehenen Ansprüche gegen den anderen Ehegatten und hilfsweise gegen dessen Versorgungsträger (siehe unten Rdn 20 ff.).
I. Sozialrechtliche Auskunftsansprüche
Rz. 4
In vielen Fällen wird ein Ehegatte schon keinen Überblick darüber haben, welche Versorgungsanrechte ihm selbst zustehen. In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es zwar die jährliche Renteninformation nach § 109 SGB VI. Diese wird aber in sehr vielen Fällen dem Ehegatten keinen ausreichenden Anhaltspunkt darüber geben, wie sich der Versorgungsausgleich wohl auf die Rentenansprüche auswirken wird. Ähnliches gilt für den auf Antrag zu erteilenden Versicherungsverlauf (§ 149 Abs. 5 SGB VI).
Rz. 5
Deswegen hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, auf Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung auch Auskunft über die in der Ehezeit erworbenen Rentenanrechte zu erhalten (§ 109 Abs. 5 Satz 1 SGB VI). Diese Auskunft erhält auf Antrag auch der Ehegatte oder geschiedene Ehegatte eines Versicherten, wenn der Träger der Rentenversicherung diese Auskunft nach § 74 Nr. 2 Buchst. b) SGB X erteilen darf, weil der Versicherte seine Auskunftspflicht ggü. dem Ehegatten nicht oder nicht vollständig erfüllt hat (§ 109 Abs. 5 Satz 2 SGB VI). Diese, dem anderen Ehegatten erteilte Auskunft wird auch dem Versicherten mitgeteilt (§ 109 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Rz. 6
In der Altersversicherung der Landwirte ergibt sich ein entsprechender Auskunftsanspruch des Versicherten gegen den Versorgungsträger aus § 49 Abs. 2 und 3 ALG.
Rz. 7
Für Beamte und Soldaten bestehen entsprechende Auskunftsansprüche nach § 49 Abs. 10 BeamtVG bzw. nach § 46 Abs. 8 SVG.
Rz. 8
Etwas weniger günstig ist die Situation im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Dort ergeben sich zwar Auskunftsansprüche in Bezug auf die Versorgung aus § 4a BetrAVG. Danach muss der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger dem Arbeitnehmer bei einem berechtigten Interesse auf dessen Verlangen hin schriftlich mitteilen, in welcher Höhe aus der bisher erworbenen unverfallbaren Anwartschaft bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze ein Anspruch auf Altersversorgung besteht und wie hoch bei einer Übertragung der Anwartschaft nach § 4 Abs. 3 BetrAVG der Übertragungswert ist. Es fehlt insoweit aber ein Anspruch auf Auskunft über die in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaft.
Rz. 9
Bei privaten Anrechten ergibt sich der Auskunftsanspruch über die Höhe der Versorgung als vertragliche Nebenpflicht aus dem Verssicherungs- bzw. Bankvertrag. Auch hier wird es aber an einem Anspruch gerade in Bezug au...