Rz. 262

Hat ein Minderjähriger einem Dritten widerrechtlich – nicht notwendig schuldhaft – einen Schaden zugefügt, spricht gegen den aus § 832 BGB auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Aufsichtspflichtigen die Vermutung, dass der Schadenseintritt auf seiner schuldhaften Verletzung der Aufsichtspflicht beruht.[654]

Die Vermutung erstreckt sich also nicht nur auf die Kausalität einer Aufsichtspflichtverletzung für den Schadenseintritt, sondern auch noch darauf, dass diese schuldhaft verübt worden ist.

Um sie auszuräumen, muss der Aufsichtspflichtige umfassend darlegen und gegebenenfalls beweisen, was er konkret getan hat, um seinen Pflichten zu genügen.[655] Entscheidend ist nicht, ob der Erziehungsberechtigte allgemein seiner Aufsichtspflicht genügt hat, sondern vielmehr, ob dies im konkreten Fall und in Bezug auf die zur widerrechtlichen Schadenszufügung führenden Umstände geschehen ist.[656] Er muss also darlegen, inwieweit er den Schutzbefohlenen beaufsichtigt, belehrt und ermahnt hat. Die zu stellenden Anforderungen bestimmen sich selbstverständlich nach dem Einzelfall, sind also gegenüber einem Kleinkind anders als gegenüber einem Sechzehnjährigen.[657]

BGH NJW 2009, 1952:

 

Beispiel

Ein Aufsichtspflichtiger muss dafür sorgen, dass ein Kind im Alter von fünfeinhalb Jahren auf einem Spielplatz in regelmäßigen Abständen von höchstens 30 Minuten kontrolliert wird.

Ein weiteres Beispiel zum Filesharing nach BGH NJW 2013, 1441:

 

Beispiel

Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt.

[654] BLP/Luckey, § 832 Rn 1.
[655] BGH NJW-RR 1987, 13; BGH NJW 2009, 1953.
[656] BGH NJW 2009, 1952, 1953.

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