Rz. 132

Ein Beweisantritt "Zeugnis N.N." ist grundsätzlich nicht ausreichend;[300] das Gericht braucht keinen Beweisbeschluss dahin gehend zu erlassen, dem Beweisführer werde aufgegeben, die ladungsfähige Anschrift des Zeugen mitzuteilen.

Beschließt das Gericht trotz unzulänglichen Beweisantritts die Vernehmung des Zeugen, muss es gemäß § 356 ZPO der Partei durch förmliche Zustellung eine Frist setzen, den Namen und die ladungsfähige Anschrift des Zeugen mitzuteilen. Erst nach Fristablauf darf es sich dann über den Beweisantritt hinwegsetzen.

Für die Fristsetzung nach § 356 ZPO kommt es nicht darauf an, ob die unvollständige oder fehlerhafte Anschrift auf einem Verschulden des Beweisführers beruht.[301]

BGH NJW 1993, 1926:

Zitat

Wird ein Zeuge konkret und rechtzeitig, aber ohne ladungsfähige Anschrift benannt, so ist nach § 356 ZPO eine Frist zu setzen; die verspätet nachgereichte Anschrift kann nicht wegen § 296 Abs. 2 ZPO unbeachtet bleiben.

Die Frist des § 356 ZPO ist aber eine Ausschlussfrist; eine Fristversäumnis führt auch ohne Verschulden des Beweisführers zum Ausschluss seines Beweismittels, wenn die Berücksichtigung des nach Fristablauf noch benannten Beweismittels zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde.[302]

 

Rz. 133

Diese Rspr. hat der BGH noch weiterentwickelt, ohne die oben zitierte Rspr.[303] aufgegeben zu haben.

BGH MDR 1998, 855:

Zitat

Ist ein mit N.N. bezeichneter Zeuge hinreichend individualisierbar, so darf das Gericht von seiner Vernehmung nicht absehen, ohne dem Beweisführer zuvor eine Frist zur Beibringung des Namens zu setzen.

Aber BGH ZInsO 2015, 305:

Zitat

Ausnahmsweise ist ein Angebot auf Vernehmung eines mit "N.N." benannten Zeugen zu berücksichtigen, wenn dieser – etwa durch Hinweis auf seine konkrete betriebliche Funktion – hinreichend individualisierbar ist. Die pauschale Benennung eines "instruierten Mitarbeiters" oder eines "zuständigen Mitarbeiters" lässt die gebotene Individualisierung vermissen.

Nach dieser Rspr.[304] würde es z.B. ausreichen, wenn in einem Bauprozess Beweis angetreten wird durch Zeugnis "des Bauleiters N.N."

Das BVerfG[305] hat die Entscheidung eines OLG aufgehoben, das einen Beweisantritt präkludiert hatte, weil die ladungsfähige Anschrift des Zeugen nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sei. Darin liege die Verletzung rechtlichen Gehörs. Dem Beweisführer habe erst eine Frist nach § 356 ZPO gesetzt werden müssen.

[300] BGH NJW-RR 1989, 1323, 1324; anders wohl Geipel, Handbuch der Beweiswürdigung, § 30 Rn 160, der auch bei nicht individualisierbaren Beweisantritten davon ausgeht, dass eine Frist nach § 356 ZPO gesetzt werden muss.
[301] BGH NJW 1981, 1319.
[302] BGH NJW 1987, 893, 894; BGH NJW 1989, 227, 228.
[303] BGH NJW-RR 1989, 1323.
[304] Zur abweichenden Auffassung vgl. Zöller/Greger, § 356 Rn 4.

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