Dr. iur. Christian Saueressig
1. Unmöglichkeit
Rz. 226
Steht die Unmöglichkeit einer Leistung fest, hat der Schuldner zu beweisen, dass er die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat, §§ 283, 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
Aber BGH NJW-RR 1990, 446, 447:
Zitat
Aufgrund der bisher vom BerGer angestellten Erwägungen stellt es eine Überspannung der nach § 282 BGB a.F. an den Bekl. zu stellenden Anforderungen dar, wenn man von ihm den Nachweis dafür verlangt, dass er die Brandlegung, die zur Zerstörung der in seinem Strickereibetrieb lagernden Garne der Versicherungsnehmerin der Kl. geführt hat, nicht seinerseits in irgendeiner Weise veranlasst oder beeinflusst hat. Im Anwendungsbereich des § 282 BGB a.F. kann nicht verlangt werden, dass der Schuldner in jedem Falle den Umstand zu beweisen hat, der die unverschuldete Unmöglichkeit seiner Leistung herbeigeführt hat. Die Vorschrift beruht auf dem Gedanken, dass der Schuldner in der Regel selbst am besten in der Lage ist, die Umstände darzulegen und zu beweisen, die ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung unmöglich gemacht haben. Dazu wird er vielfach gar nicht in der Lage sein, da völlige Gewissheit in solchen Fällen meist nicht zu erlangen ist. Ebenso wie bei den Grundsätzen für den Beweis negativer Tatsachen muss es daher im Rahmen des § 282 BGB a.F. im Allgemeinen genügen, wenn der beweispflichtige Schuldner die Umstände widerlegt, die für sein Verschulden oder für die Ursächlichkeit seines Verschuldens mit der eingetretenen Unmöglichkeit sprechen […]
Unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die die Führung eines Negativbeweises mit sich bringt, wird das BerGer nach den Grundsätzen des § 286 ZPO abzuwägen haben, in welchem Verhältnis die Wahrscheinlichkeit für eine von dem Bekl. nicht verschuldete, zu einer von diesem verschuldeten oder möglicherweise verschuldeten Brandentstehung steht. Ergibt sich bei dieser Abwägung für eine von dem Bekl. nicht zu vertretende Brandentstehung ein so hohes Maß an Wahrscheinlichkeit, dass demgegenüber die Wahrscheinlichkeit einer von dem Bekl. zu verantwortenden Brandlegung zurücktritt, dann ist der nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu führende Entlastungsbeweis als erbracht anzusehen.
2. Verschulden
a) Vorsatz
Rz. 227
Die Beweislast für den Vorsatz, d.h. das Wissen und Wollen der objektiven tatbestandsmerkmale, trägt grundsätzlich der Anspruchsteller, wenn der Vorsatz zum Anspruchsgrund gehört. Ob der Vorsatz dem Anscheinbeweis zugänglich ist, wird uneinheitlich beurteilt, vgl. Rdn 52.
b) (Grobe) Fahrlässigkeit
Rz. 228
Der Verschuldensgrad der (groben) Fahrlässigkeit als Rechtsbegriff ist selbst nicht dem Beweis zugänglich; insoweit kann es nur um die Tatsachen gehen, die einen Fahrlässigkeitsvorwurf begründen. Um zu einem Fahrlässigkeitsvorwurf zu kommen bedarf es einer Bewertung des Sachverhalts: Einerseits muss für den Handelnden erkennbar gewesen sein, dass er eine Sorgfaltspflicht verletzt, andererseits muss die Tatbestandsverwirklichung vermeidbar gewesen sein. Der Beweisbelastete muss mithin die Erkennbarkeit eines Schadenseintritts bei Verletzung einer Sorgfaltspflicht (haftungsbegründende Kausalität) und die Vermeidbarkeit des schädigenden Erfolges beweisen, d.h. nachweisen, dass sein Schaden bei pflichtgemäßen Verhalten des Gegners nicht eingetreten wäre (haftungsausfüllende Kausalität). Die Rechtsprechung wendet für die haftungsausfüllende Kausalität § 287 ZPO an, vgl. Rdn 36. Für die haftungsbegründende Kausalität gilt § 287 ZPO nicht.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem ungewöhnlichen Maße verletzt wird; wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Ein Gläubiger, der einen Schädiger wegen grober Fahrlässigkeit in Anspruch nehmen will, hat grundsätzlich einen Sachverhalt vorzutragen, der diesen Anforderungen genügt. Ist die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt und steht das Verschulden des Schädigers aber bereits fest, so hat er sich zu entlasten, nicht grob fahrlässig gehandelt zu haben.
Zur Frage des Anscheinsbeweises bei grober Fahrlässigkeit vgl. Rdn 52.
3. Mitverschulden
Rz. 229
Gemäß § 254 Abs. 1 BGB muss sich ein Geschädigter auf seinen Schadensersatzanspruch (sei es aus Vertrag, Delikt oder Gefährdungshaftung) sein eigenes Mitverschulden zurechnen lassen. Die Darlegungs- und Beweislast trifft aber insoweit den Schädiger. Der Geschädigte hingegen hat einer sekundären Behauptungslast zu genügen, vgl. § 2 Rdn 62, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht; er hat z.B. darzulegen, was er zur Schadensminderung unternommen hat.
4. Verzug
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