Rz. 82

Der Beweis des ersten Anscheins spricht für einen Vorfahrtsverstoß des in den Kreisverkehr Einfahrenden, wenn es im Einmündungsbereich zu einer Kollision zwischen ihm und dem auf der Kreisfahrbahn fahrenden Verkehrsteilnehmer kommt. Ist offen, welcher Unfallbeteiligte zuerst in den Kreisverkehr eingefahren ist, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Vorfahrtsverstoß desjenigen, in dessen Einmündungsbereich sich der Unfall ereignet hat. Etwas anderes gilt aber, wenn feststeht, dass die Unfallbeteiligten aus Einmündungen in den Kreisverkehr eingefahren sind, die so eng beieinander liegen, dass sie gewissermaßen einen einheitlichen Einmündungsbereich bilden und sich der aus der untergeordneten Straße einmündende Verkehr im Zeitpunkt der Kollision noch nicht in den vorfahrtsberechtigten Verkehr eingeordnet hat. In diesem Fall besteht keine Vorfahrt des einen gegenüber dem anderen.[175]

Fährt ein Wartepflichtiger aus einer untergeordneten Straße nach rechts in eine bevorrechtigte Straße ein und stößt er in dem durch die Vorfahrt geschützten Bereich mit einem vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammen, spricht gegen den Wartepflichtigen jedenfalls dann der Anscheinsbeweis, wenn er – etwa wegen der Straßenbreite – nicht darauf vertrauen durfte, dass er ohne Behinderung oder Gefährdung des bevorrechtigten Verkehrs in die Straße einfahren durfte.[176]

Kommt es in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Einbiegen zwischen einem vorfahrtsberechtigten und einem wartepflichtigen Fahrzeug zu einer Kollision, so hat der Wartepflichtige den Anscheinsbeweis einer schadhaften Unfallverursachung gegen sich.[177]

[175] LG Saarbrücken NJW 2015, 177.
[176] LG Saarbrücken NJW-RR 2016, 1307.
[177] AG Hamburg BeckRS 2015, 15990.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?