Rz. 164
Gemäß § 4 Nr. 2 AFB 87 und A § 6 AFB 2010 wird der Versicherungsort definiert durch die im Versicherungsvertrag bezeichneten Gebäude oder Räume von Gebäuden oder die als Versicherungsort bezeichneten Grundstücke. Aus der Definition folgt, dass der Versicherungsschutz in der Feuerversicherung grundsätzlich ortsgebunden ist, also ein stationäres Risiko absichert.
Rz. 165
Dieser Grundsatz gilt gleichermaßen für bewegliche und für unbewegliche Sachen. Bewegliche Sachen besitzen deshalb grundsätzlich nur innerhalb des Versicherungsorts Versicherungsschutz. Werden bewegliche Sachen aus dem Versicherungsort entfernt, erlischt also der Versicherungsschutz. Durch die örtliche Bindung des Versicherungsschutzes wird es dem Versicherer ermöglicht, die Höhe des Beitragssatzes an den wirklichen Risikoverhältnissen festmachen zu können.
Rz. 166
Aus dem zwingenden Erfordernis der genauen Festlegung des Versicherungsorts folgt, dass die Vereinbarungen hierüber zu den wesentlichen Bestandteilen des Feuerversicherungsvertrages gehören.
Im Versicherungsvertrag können auch mehrere Versicherungsorte vereinbart werden (so genannte Freizügigkeit). Dann besteht Versicherungsschutz allerdings nur für Schäden, die sich innerhalb dieser Versicherungsorte ereignen. Praktische Bedeutung hat die "Freizügigkeit" insbesondere für Händler von Waren, die im Zuge des Warenverkehrs von einem zum anderen Versicherungsort verbracht werden müssen. Treten Schäden jedoch während der Beförderung zwischen den Versicherungsorten ein, fällt dieses Risiko grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz (Ausnahme: Außenversicherung, vgl. Rdn 172).
Rz. 167
Im beiderseitigen Interesse muss der Versicherungsort möglichst genau bezeichnet werden. Befinden sich auf einem Grundstück mehrere Gebäude, müssen die unter Versicherungsschutz fallenden Gebäude von denen abgegrenzt werden, die nicht unter Versicherungsschutz fallen. Darüber hinaus muss im Versicherungsschein vermerkt werden, ob nur bestimmte Gebäude oder auch die die Gebäude umgebenden Grundstücke unter Versicherungsschutz fallen sollen. Um Probleme im Schadenfall zu vermeiden, empfiehlt es sich dringend, dem Versicherungsschein eine Lageskizze über den Versicherungsort beizufügen.
Rz. 168
Wird der Versicherungsort im Versicherungsvertrag irrtümlich falsch bezeichnet, ist dies unschädlich. Es gilt dann der übereinstimmende wirkliche Wille der beiden Vertragsparteien. Der Versicherungsschein stellt lediglich eine Beweisurkunde dar, die zwar die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit besitzt, jedoch grundsätzlich widerlegbar ist.
Rz. 169
Nicht zum Versicherungsort gehören bewegliche Sachen, die sich im Freien befinden. Hierzu gehören beispielsweise:
▪ |
außerhalb am Gebäude angebrachte Leuchtreklame, |
▪ |
der an der Außenwand hängende Kasten für die Speisekarte und |
▪ |
das im Freien aufgestellte Gestühl einer Gaststätte. |
Durch besondere Vereinbarung können auch bestimmte, sich im Freien befindende Gegenstände unter Versicherungsschutz gestellt werden. Dies gilt beispielsweise für Gleis- und Wasseranschlüsse sowie in der landwirtschaftlichen Feuerversicherung für den Hofraum, für sämtliche Ländereien des Versicherungsnehmers sowie für die dorthin führenden Wege.
Rz. 170
Werden versicherte Gegenstände vorübergehend vom Versicherungsort entfernt, bleibt der Versicherungsvertrag zwar bestehen. Der Versicherungsschutz ruht jedoch solange, bis die vorübergehend entfernten Gegenstände wieder zum Versicherungsort verbracht werden.
Werden Gegenstände endgültig vom Versicherungsort entfernt, erlischt der Versicherungsschutz wegen Interessenwegfalls. Wird also beispielsweise ein Geschäftsbetrieb verlegt, geht der Versicherungsschutz insgesamt verloren und es bedarf des Abschlusses eines neuen Versicherungsvertrages.
Rz. 171
Hierüber muss der Versicherungsvertreter den Versicherungsnehmer erforderlichenfalls umfassend beraten und informieren. Verletzt er seine Beratungspflicht, kann dies unter Umständen eine Haftung des Versicherers auf Schadensersatz begründen.
Zeigt der Versicherungsnehmer an, seine Geschäftsräume verlegt zu haben, muss der Versicherer innerhalb einer Frist von höchstens zwei Wochen den Versicherungsnehmer über den Wegfall des Versicherungsschutzes und das Erfordernis des Abschlusses eines neuen Versicherungsvertrages informieren. Darüber hinaus muss er sich dazu äußern, ob und inwieweit er gewillt ist, das neue Risiko ebenfalls unter Versicherungsschutz zu stellen. Verletzt der Versicherer seine dahingehenden Informations- und Aufklärungspflichten, macht er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.