Rz. 27
Darüber hinaus eröffnen § 19 Nr. 2 AFB 87 bzw. B § 15 AFB 2010 eine besondere Kündigungsmöglichkeit für den Bereich der Feuerversicherung. Gesetzliche Grundlage dieser Regelung ist § 92 VVG. Danach sind sowohl der Versicherer als auch der Versicherungsnehmer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls dazu berechtigt, den Versicherungsvertrag zu kündigen (Kündigung im Schadenfall). Die Kündigung muss spätestens einen Monat nach dem Ende der Verhandlungen über den Versicherungsfall erklärt werden und beim Erklärungsempfänger zugegangen sein.
Rz. 28
Voraussetzung für das Kündigungsrecht ist, dass überhaupt ein objektiv unter die Deckung des Versicherungsvertrages fallendes Ereignis vorliegt. Teilweise wird dies z.B. für den Fall verneint, in dem der Schaden unterhalb des vereinbarten Selbstbehaltes liegt, weil dieser Teil des Schadens objektiv nicht unter die Deckung falle. Nach anderer Ansicht gehört der Selbstbehalt nicht zur objektiven Risikobeschreibung, so dass ein Versicherungsfall i.S.d. § 92 Abs. 1 VVG bejaht wird. Umstritten ist das Kündigungsrecht auch in Fällen der Leistungsfreiheit wegen subjektiver Risikoausschlüsse (z.B. § 21 VVG, § 26 Abs. 1 oder 2 VVG, § 28 Abs. 3 VVG, § 81 VVG). Armbrüster vertritt die Ansicht, dass subjektive Risikoausschlüsse das Vorliegen eines objektiven Versicherungsfalles nicht hindern. Bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles sei der Versicherungsnehmer jedoch durch den Einwand der Arglist (§ 242 BGB) an der Ausübung des Kündigungsrechtes gehindert. Langheid lehnt das dadurch entstehende "Durcheinander" ab. Subjektive Risikoausschlüsse können keinen Einfluss auf die Frage der Verwirklichung eines objektiven Risikos haben, so dass das Kündigungsrecht in all diesen Fällen bestehe. Es bestehe gerade im Schadenfall Anlass, das Verhalten des Vertragspartners zu überprüfen und sich ggf. von ihm zu lösen. Das gelte auch für den Fall des vorgetäuschten Versicherungsfalls. Da sich die Frage nach einem subjektiven Risikoausschluss systematisch erst dann stellen kann, wenn objektiv ein Versicherungsfall vorliegt, kann sie für das Kündigungsrecht keine entscheidende Rolle spielen. Wird der Versicherungsfall hingegen nur vorgetäuscht, fehlt es objektiv an den Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 VVG, so dass das Kündigungsrecht nicht entstehen kann. Ob dem Versicherungsnehmer bei vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles das Kündigungsrecht nach Treu und Glauben verwehrt sein soll, muss der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben. Ob der Versicherer an einem Vertrag festhalten will, wenn sein Vertragspartner vorsätzlich versicherte Schäden herbeiführt, muss wohl auch der Einzelfallentscheidung des Versicherers überlassen bleiben.