I. Abschluss des Versicherungsvertrages
1. Angebot, Bindungsfrist
Rz. 13
Ebenso wie jeder andere zivilrechtliche Vertrag bedarf auch der Feuerversicherungsvertrag zu seinem Zustandekommen eines Angebotes sowie dessen Annahme. Es gelten insoweit die allgemeinen Regeln der §§ 145 ff. BGB. Diese werden durch Vorschriften des VVG und der Allgemeinen Versicherungsbedingungen ergänzt.
Rz. 14
Auch Feuerversicherungsverträge müssen grundsätzlich nicht schriftlich abgeschlossen werden. Soweit die Feuerversicherungsbedingungen ebenso wie andere AVB vorsehen, dass der Antrag auf Abschluss des Versicherungsvertrages schriftlich abgegeben werden muss (§ 19 AFB 30, § 20 AFB 87), greift dies erst nach dem Abschluss des Vertrages. Wird ein Vertrag mündlich abgeschlossen, steht das Schriftformerfordernis in den AFB der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen. Wird der Vertrag schriftlich abgeschlossen – was die absolute Regel darstellt – sehen die Versicherer hierfür standardisierte Antragsformulare vor, deren Verwendung zwingend vorgegeben wird.
Rz. 15
Gibt der Versicherungsnehmer einen wirksamen Antrag auf Abschluss einer Feuerversicherung ab, bestimmt sich die Bindefrist nach den §§ 145 ff. BGB. Die frühere Spezialregelung (§ 81 Abs. 3 VVG a.F.) fiel ersatzlos weg. Dadurch kommt es zur Gleichbehandlung der Bindefrist bei Angebotsabgabe durch den Versicherungsnehmer oder den Versicherer.
2. Annahme
Rz. 16
Nimmt der Versicherer den Antrag des Versicherungsnehmers, sofern eine Bindungsfrist besteht, nicht innerhalb der Frist an, ist der Versicherungsnehmer nicht mehr an seinen Antrag gebunden.
Erfolgt die Annahme des Angebotes durch den Versicherer erst nach Ablauf der Bindungsfrist, gilt die verspätete Annahme gem. § 150 Abs. 1 BGB als Angebot auf Abschluss eines Versicherungsvertrages durch den Versicherer, das seinerseits vom Versicherungsnehmer angenommen werden kann. Für die Annahme reicht es aus, wenn der Versicherungsnehmer die angeforderte Versicherungsprämie zahlt.
3. Abweichungen vom Antrag
Rz. 17
Weichen die Angaben im Versicherungsschein von denjenigen im Versicherungsantrag ab, richten sich der Abschluss des Versicherungsvertrages sowie dessen Inhalt nach § 5 VVG. Bei Abweichungen, die für den Versicherungsnehmer günstig sind, gilt nur § 5 Abs. 1 VVG ohne weitere Voraussetzungen. Fehlt ein Hinweis auf die Abweichungen, kommt der Vertrag mit dem Inhalt des Versicherungsscheins zustande, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats widerspricht. Bei ungünstigen Abweichungen gilt § 5 Abs. 2 VVG mit den weiteren Voraussetzungen. Diese Regelungen finden auch bei einer Mehrheit von Versicherern und auch bei vor dem Vertragsschluss getroffenen Risikoausschlüssen statt, wenn diese im Versicherungsschein nicht wiederholt werden.
4. Beginn des Versicherungsschutzes
Rz. 18
Formeller Versicherungsbeginn ist der Zeitpunkt, zu dem zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer ein wirksamer Versicherungsvertrag zustande kommt. Hiervon ist der materielle Versicherungsbeginn zu unterscheiden, der darüber Aufschluss gibt, ab wann der Versicherer dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für eintretende Schadensfälle gewähren muss. Technischer Versicherungsbeginn ist schließlich der Zeitpunkt, ab dem der Versicherer vom Versicherungsnehmer Prämien verlangen kann. In der Regel fallen materieller und technischer Versicherungsbeginn zusammen.
Rz. 19
Nimmt der Versicherer den Versicherungsvertrag innerhalb der Bindungsfrist an, kommt der Versicherungsschutz rückwirkend ab dem Zeitpunkt zustande, der im Antragsformular vermerkt ist. Es handelt sich somit um einen Fall der "Rückwärtsversicherung" gem. § 2 VVG.
Rz. 20
Kommt es nach dem Abschluss des Versicherungsvertrages und vor dem Beginn des Versicherungsschutzes zu einem Schadenfall, für den der Versicherer formell nicht eintrittspflichtig ist, ist zu prüfen, ob der Versicherer aus dem Gesichtspunkt der Verletzung vorvertraglicher Beratungspflichten schadenersatzpflichtig gemacht werden kann. Musste der Versicherer erkennen, dass der Versicherungsnehmer auf alsbaldigen oder sogar sofortigen Versicherungsschutz angewiesen ist, muss er die Möglichkeit der vorläufigen Deckung ansprechen. Bei absehbarer Verzögerung der Risikoprüfung gilt Ähnliches.
Rz. 21
Der materielle Beginn des Versicherungsvertrages richtet sich nach den so genannten Einlöseklauseln in den AVB. Nach den AFB 87 und 2010 beginnt der Versicherungsschutz bereits zu dem Zeitpunkt, der im Versicherungsantrag vermerkt ist, wenn der Versicherungsnehmer die Erstprämie fristgemäß zahlt. § 4 Nr. 1 AFB 2010 setzt die Fälligkeit der Erstprämie unabhängig vom Zugang des Versicherungsscheins und unabhängig von Widerrufsfristen mit dem materiellen Versicherungsbeginn gleich. Liegt...