I. Übergreifende Schadensereignisse
1. Allgemeines
Rz. 330
Verursacht ein Versicherungsnehmer fahrlässig einen unter Versicherungsschutz fallenden Schadenfall z.B. in der Form eines Brandes, begründet dies die Eintrittspflicht seines Feuerversicherers. Greift das fahrlässig verursachte Feuer jedoch auf ein Nachbargebäude über, droht ihm der Regress des für das Nachbargebäude zuständigen Feuerversicherers. Die fahrlässige Verursachung des Schadens am Nachbargebäude stellt eine Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB dar und begründet Schadenersatzansprüche des Gebäudeeigentümers. Soweit der Feuerversicherer des Nachbargebäudes den Schaden reguliert, erwirbt er gem. § 86 VVG per cessio legis die dem Gebäudeeigentümer gegen den Schadenverursacher zustehenden Schadensersatzansprüche. Folglich kann der Feuerversicherer des Nachbargebäudes den Schadenverursacher in Höhe der Aufwendungen, die mit dem Schadensersatzanspruch deckungsgleich sind, in Regress nehmen.
Dieselbe Problematik tritt auch auf, wenn durch einen Brand am Inventar ein Gebäudeschaden verursacht wird.
2. Regressverzichtsabkommen
Rz. 331
Der Anspruchsübergang gem. § 86 VVG droht den eigentlichen Versicherungsschutz des Schadenverursachers zu entwerten. Um dieses ungewünschte Ergebnis zu vermeiden, schlossen die Feuerversicherer 1961 das so genannte Regressverzichtsabkommen. Die Bestimmungen für einen Regressverzicht der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen und ein Verzeichnis der beigetretenen Feuerversicherer sind beim GDV veröffentlicht. Bei übergreifenden Schadensereignissen wird unter bestimmten Voraussetzungen auf einen Rückgriff gegen den Schadensverursacher verzichtet. Zur Feuerversicherung zählen unter anderem Betriebsunterbrechungs-, verbundene Hausrat-, verbundene Wohngebäude- oder sonstige Gebäude- oder Inhaltversicherungen, soweit das Feuerrisiko gedeckt ist. Es gilt aber nur für am Abkommen beteiligte Versicherer.
Rz. 332
Neben dem Übergriff des vom Regressschuldner verursachten Feuers auf fremde Sachen muss ein Versicherungsfall vorliegen, für den der Feuerversicherer des Regressschuldners Ersatz geleistet hat. Das Regressverzichtsabkommen greift also nicht, wenn der Feuerversicherer des Regressschuldners leistungsfrei geworden ist. Außerdem muss das Schadenereignis innerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetreten sein.
Der Regressverzicht umfasst keine Schäden, die vom Regressschuldner, seinem Repräsentanten, gesetzlichen Vertreter, Familienangehörigen, Gesellschafter oder von einer im Betrieb oder Haushalt angestellten Person grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden. Eine vollständige Auflistung der möglichen Personen ist dem Regressverzichtsabkommen (Nr. 4) zu entnehmen. Ausgeschlossen ist der Regressverzicht auch für Schäden, die anlässlich der Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit außerhalb des eigenen Betriebes des Regressschuldners an fremden Sachen verursacht werden.
Rz. 333
Summenmäßig setzt der Regressverzicht voraus, dass die Regressforderung den Betrag von 150.000 EUR übersteigt. Nach oben ist der Regressverzicht auf Beträge bis zu 600.000 EUR begrenzt.
Diese Begrenzungen können im Versicherungsvertrag erhöht werden. Die praktische Bedeutung dieser Möglichkeit ist jedoch gering, da das Regressrisiko durch den Abschluss einer Feuerhaftungsversicherung beseitigt bzw. verringert werden kann.
Rz. 334
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) und die dem Abkommen beigetretenen Versicherungsunternehmen haben die Aufhebung des Regressverzichtsabkommens der Feuerversicherer bei übergreifenden Schadenereignissen zum 31.12.2017 beschlossen.
3. Feuer-Haftungsversicherung
Rz. 335
Bei der Feuer-Haftungsversicherung handelt es sich systematisch um eine Haftpflichtversicherung. Sie schützt den Versicherungsnehmer vor dem Risiko, dass durch ein auf seinem Versicherungsgrundstück verursachtes Schadensereignis Schäden an Sachen Dritter verursacht werden, für die der Versicherungsnehmer aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird.
II. Regress gegen den Mieter/Pächter
Rz. 336
Bricht ein Feuer in einer vermieteten Immobilie aus, begründet dies besondere Regressrisiken für den Mieter. Kommt es zu einem derartigen Schadenfall, erwirbt der Vermieter auf vereinfachtem Wege einen Schadenersatzanspruch gegen den Mieter. Während Ansprüche auf Schadenersatz grundsätzlich voraussetzen, dass der Anspruchsteller dem Schädiger ein schuldhaftes Fehlverhalten nachweist, ist dies im Mietrecht nicht erforderlich. Nach den §§ 548, 282 BGB gelten vielmehr vereinfachte Beweislastgrundsätze für den Vermieter.
Rz. 337
Gemäß § 538 BGB hat der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wird aus dieser Regelung herg...