I. Übergreifende Schadenereignisse
1. Allgemeines
Rz. 327
Verursacht ein Versicherungsnehmer fahrlässig einen unter Versicherungsschutz fallenden Schadenfall z.B. in der Form eines Brandes, begründet dies die Eintrittspflicht seines Feuerversicherers. Greift das fahrlässig verursachte Feuer jedoch auf ein Nachbargebäude über, droht ihm der Regress des für das Nachbargebäude zuständigen Feuerversicherers. Die fahrlässige Verursachung des Schadens am Nachbargebäude stellt eine Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB dar und begründet Schadensersatzansprüche des Gebäudeeigentümers. Soweit der Feuerversicherer des Nachbargebäudes den Schaden reguliert, erwirbt er gem. § 86 VVG per cessio legis die dem Gebäudeeigentümer gegen den Schadenverursacher zustehenden Schadensersatzansprüche. Folglich kann der Feuerversicherer des Nachbargebäudes den Schadenverursacher in Höhe der Aufwendungen, die mit dem Schadensersatzanspruch deckungsgleich sind, in Regress nehmen.
Dieselbe Problematik tritt auch auf, wenn durch einen Brand am Inventar ein Gebäudeschaden verursacht wird.
2. Regressverzichtsabkommen
Rz. 328
Der Anspruchsübergang gem. § 86 VVG droht den eigentlichen Versicherungsschutz des Schadenverursachers zu entwerten. Um dieses ungewünschte Ergebnis zu vermeiden, schlossen die Feuerversicherer 1961 das so genannte Regressverzichtsabkommen. Es wurde zum 31.12.2017 aufgehoben, weil inzwischen ausreichende Deckungskapazitäten in der Haftpflichtversicherung verfügbar sind. Den Wegfall des Schutzes durch dieses Abkommen muss der Versicherungsnehmer nun durch Versicherungsschutz in einer Haftpflichtversicherung kompensieren.
3. Feuer-Haftungsversicherung
Rz. 329
Bei der Feuer-Haftungsversicherung handelt es sich systematisch um eine Haftpflichtversicherung. Sie schützt den Versicherungsnehmer vor dem Risiko, dass durch ein auf seinem Versicherungsgrundstück verursachtes Schadenereignis Schäden an Sachen Dritter verursacht werden, für die der Versicherungsnehmer aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
II. Regress gegen den Mieter/Pächter
Rz. 330
Bricht ein Feuer in einer vermieteten Immobilie aus, begründet dies besondere Regressrisiken für den Mieter. Kommt es zu einem derartigen Schadenfall, erwirbt der Vermieter auf vereinfachtem Wege einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter. Während Ansprüche auf Schadensersatz grundsätzlich voraussetzen, dass der Anspruchsteller dem Schädiger ein schuldhaftes Fehlverhalten nachweist, ist dies im Mietrecht nicht erforderlich. Nach den §§ 548, 282 BGB gelten vielmehr vereinfachte Beweislastgrundsätze für den Vermieter.
Rz. 331
Gemäß § 538 BGB hat der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, nicht zu vertreten. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur wird aus dieser Regelung hergeleitet, dass der Mieter die umfassende Beweislast dafür trägt, dass eine während der Mietzeit eingetretene Verschlechterung der Mietsache auf vertragsgemäßen Gebrauch zurück zu führen ist.
Voraussetzung dafür ist, dass die schadenstiftende Handlung in dem durch den Mietgebrauch begrenzten Bereich stattgefunden hat. Demgemäß muss der Vermieter beweisen, dass die Schadenursache in dem Bereich gesetzt worden ist, der der Obhut und Sachherrschaft des Mieters unterliegt und er selbst oder Dritte auszuschließen sind. Der Mieter hingegen muss beweisen, dass der Schaden auf vertragsgemäßem Gebrauch beruht. In der Praxis wird die Haftung des Mieters für Feuerschäden deshalb häufig bereits durch den Nachweis begründet, dass der Schaden seinen Ursprung in der vermieteten Sache nahm. Der dem Mieter obliegende Gegenbeweis ist gerade bei unbekannt gebliebenen Brandursachen kaum zu erbringen.
Rz. 332
Erbringt der Feuerversicherer aus Anlass eines Brandschadens Versicherungsleistungen, geht der dem Vermieter originär zustehende Schadensersatzanspruch gegen den Mieter gem. § 86 VVG per cessio legis auf den Feuerversicherer über. Dann schuldet der Mieter dem Feuerversicherer den Ausgleich der durch den Schadenfall verursachten Aufwendungen, soweit sie mit dem Schadensersatzanspruch des Vermieters deckungsgleich sind.
Rz. 333
Das für den Mieter Existenz bedrohende Haftungsrisiko wurde nach längerer Diskussion in Literatur und Rechtsprechung vom IV. Senat des BGH beendet. Diese versicherungsrechtliche Lösung fand Resonanz in der Literatur und führte zur Aufgabe der vom VIII. Senat des BGH vertretenen haftungsrechtlichen Lösung. Aus einer ergänzenden Auslegung des Gebäude-Versicherungsvertrages ergebe sich ein konkludenter Regressverzicht des Versicherers gegen den Mieter, sofern der Schadenfall von diesem lediglich fahrlässig herbeigeführt werde. Der BGH gelangt zu diesem Ergebnis durch eine Würdigung des schützenswerten Interesses des Vermieters, das in der Regel auf längere Zeit angele...